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Fortschritt in Santo Domingo?

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Aus Mangel an zuverlässigen Informationen, wie sie für eine sachliche Beurteilung der amerikanischen Intervention in Santo Domingo unerläßlich sind, hat Ihr Korrespondent es bisher unterlassen, diese zu kommentieren. Massive Propaganda vernebelte die Konfusion und Überlegenheit, die die Anfänge der Aktion charakterisierten.

Um die Intervention im richtigen Licht zu sehen, muß man sich zuallererst und immer wieder drei Dinge vor Augen halten: \ • Mehr noch als Kuba stand Santo Domingo von jeher unter dem Einfluß der USA. Dabei kann nicht übersehen werden, daß diese sich ebenso mit Trujillo abfanden, wie mit dem Sturz des von Präsident Kennedy so warm begrüßten Juan Bosch.

Kurzschlußreaktion

Daß man voreilig handelte, stellt sich jedenfalls immer mehr heraus. Hätte man den Einfluß der Kommunisten auf den Aufstand kühler abgewogen, hätte man wahrscheinlich die diplomatische Ungeschicklichkeit vermieden* die OAS (Organisation der Amerikanischen Staaten) erst nach der Tat zu konsultieren. Eine Ungeschicklichkeit, die um so unglaublicher ist, als die OAS ohnedies nicht viel mehr ist als der verlängerte Arm Washingtons. Es hat sich jedenfalls inzwischen klar ergeben, daß die Kommunisten den Aufstand in keiner Weise angestiftet hatten, wenn sie sich auch nachher sehr schnell einschalteten.

Bekanntlich veröffentlichteten die Vereinigten Staaten bald nach Beginn des Aufstandes eine Liste von 54 vermeintlichen Kommunisten, die daran beteiligt wären. In dieser hastigen Zusammenstellung waren Leute enthalten, die entweder als

• Das Castro-Trauma hat die Empfindlichkeit der USA gegen südamerikanische Kommunisten auf das äußerste gesteigert. Deswegen hat die Aktion in der amerikanischen Öffentlichkeit zwar Unbehagen hervorgerufen, aber nicht das Ausmaß an Kri,tik, wie der zermürbende Krieg in Vietnam.

• Den Zusammenhang mit Vietnam. Dort versuchten die Vereinigten Staaten mit einem Minimalaufwand an der für die Aufgabe erforderlichen Gewalt den Gegner von ihrer Entschlossenheit zu überzeugen. Letztere wird um so überzeugender, je mehr sie in allen Konfrontationssituationen mit den Kommunisten bekundigt wird. Gerade der letztere Grund mag den Anlaß zu der übertriebenen Forschheit gewesen sein, mit der man die Intervention anging.

Nichtkommuriiisten bekannt sind oder nachweislich am Aufstand nicht beteiligt waren. Inzwischen machte Washington eine neue Aufstellung, die demnächst in einem Weißbuch herauskommen soll. Sie enthält 77 Personen, wobei elf, die auf der ersten Liste standen, weggelassen wurden.

Angesichts Castros eifriger Wühlarbeit in Südamerika erschiene es sehr unwahrscheinlich, daß die Kommunisten die Gelegenheit versäumt hätten, aus dem Aufstand Nutzen zu ziehen. Man muß auch beachten, daß geschätzt wird, daß mindestens die Hälfte der an dem Aufstand beteiligten Zivilisten der sogenannten Bewegung des 14. Juni angehörte. Diese wurde vor sechs Jahren als nichtkommunistische Gruppe gegründet, aber später von Castro-Anhängern durchsetzt.

Es läßt sich schwer sagen, ob der Aufstand geglückt wäre, wenn die

Vereinigten Staaten sich nicht eingemischt hätten. Jedenfalls erhielt die antirevolutionäre Militärjunta durch 'die amerikanische Präsenz solchen Auftrieb, daß sie heute die Republik, mit Ausnahme eines Teiles der Hauptstadt, beherrscht. Allerdings läßt die Tatsache, daß die Parole der Aufständischen für einen Generalstreik fast keinen Widerhall fand, es fragwürdig erscheinen, ob die breiten Massen an dem Aufstand interessiert sind.

Mangel an Persönlichkeiten

Die Junta kann die Rebellen jedoch deswegen nicht aus der Hauptstadt vertreiben, weil sie jetzt unter dem Schutz der Vereinigten Staaten stehen. Die amerikanische Politik ist besonnener geworden und zielt auf die Herstellung eines Kräftegleichgewichtes ab, das beide Parteien zu einer Verständigung zwingt. Jedoch ist die Frage der Besetzung einer neuen Regierung, in einer Weise, die man nicht unterschätzen darf, durch den schon erwähnten Mangel an Persönlichkeiten kompliziert. Man sucht nach Männern und findet nur Leute, die entweder schon eine umstrittene Rolle gespielt haben, wie Joaquin Balaguer, der noch unter Trujillo Präsident war, oder ehrenwerte, ältliche Neutren. Wie lange aber bliebe solch eine Neutrum nach Abzug der Amerikaner wohl in Amt und Würden?

Dieser Mangel an Persönlichkeiten bringt die Vereinigten Staaten in eine peinliche Lage. Die Intervention hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn sie in der Bildung einer stabilen Regierung mit sozialem Verantwortungsbewußtsein resultiert. Wenn aber anderseits eine unbefristete amerikanische Präsenz notwendig ist, um nur einen Burgfrieden zu bewahren werden Castro und Konsorten mit dem Ergebnis der Intervention zufrieden sein können.

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