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„Das hat uns viele Kleinsparer gekostet“

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Auch wenn man 1968 im ersten Halbjahr schon 2,3 Milliarden an Baugeldern zur Verfügung gestellt hat und hofft, am Jahresende die 4-Milliarden-Grenze um einiges überschreiten zu können, so geben die österreichischen Bausparkassen einheitlich zu bedenken, daß sie den Eigenheimbauern und seit kurzem auch den Wohnbaugenossenschaften, wenn die Rezession bei den Neuabschlüssen anhält, bald nicht mehr mit ähnlichen Beträgen werden dienlich sein können. Und dies, obwohl im ersten Halbjahr 1968 die Spareinlagenzuwächse nach wie vor stärker waren als bei den übrigen Kreditinstituten. Allgemein macht man bei den Bausparkassen, die zu einem ansehnlichen Faktor auf dem Wohnungsflnanzierungssektor geworden sind, für den plötzlichen Übergang seit März 1967 drei Faktoren haftbar:

• Die im Jahre 1967 eingetretene Rezession auf dem Wirtschaftssektor, die auch 1968 trotz optimistischerer Konjunkturprognosen zumindest auf dem Sektor Bauwirtschaft noch anhält;

• die noch immer nicht geklärten Fragen um das Wohnbauförderungsgesetz 1968 und vor allem die Län- derdurchführungsverordnungen

• und schließlich als wesentlichste Ursache die Einführung einer Sonderausgabenpauschale durch das Finanzministerium, nach dem Sonderausgaben bis zu einer Höhe von 3276 Schilling nicht mehr auf der Lohnsteuerkarte eingetragen werden müssen.

„Das hat uns viele Kleinsparer gekostet, die schön brav jeden Monat einige hundert Schilling auf ihr Konto einzahlten, um die Steuervorteile für das Bausparen zu genießen“, meint man bei den Bausparkassen. Tatsache bleibt es jedenfalls, daß eine Meinungsumfrage der Bausparkassen Ende 1967 diesen Umstand bestätigt hat.

Doch Verlustgeschäft

Denn die Steuerbegünstigung, die der Staat auch jenen Bausparern gewährt — auch wenn sie nicht bauen wollen —, hat zweifellos zur Attraktivität des Bausparens beigetragen, wie es auch den Bausparkassen den Neid der anderen Kreditinstitute und Versicherungsanstalten auf den Hals gehetzt hat. Trotzdem diese Neider aber immer wieder gegen das steuerbegünstigte Bausparen Sturm laufen, hat das Finanzministerium diese Begünsti-gung mit 1. Jänner 1967 sogar noch erhöht: die diskriminierte Ehefrau, die bis dahin gegenüber ihrem verdienenden Gatten, der 7000 Schilling Freibetrag erhielten, nur mit 1000 Schilling bewertet wurde, erhielt nunmehr ebenfalls 7000 Schilling, und die unterhaltsberechtigten Kinder wurden wertmäßig ebenfalls von 1000 Schilling auf 3000 Schilling Freibetrag erhöht.

Aber diese Erhöhung der Steuerbegünstigung, die den Bausparkassen zweifellos zu einem Zeitpunkt, da sie ohnehin stärker im Zusammenhang mit der Wahnbauförderung 1968 auf dem Finanzierungssektor engagiert werden, sehr willkommen kam, wurden praktisch durch das Sonderausgabenpauschale wieder entwertet. Denn es gibt in Österreich doch zuwenig Familien mit einem oder zwei Kindern, die sich 17.000 bis 20.000 Schilling jährliche Zahlung auf das Bausparkonto leisten können, und auf diese Weise verloren die vier österreichischen Bausparkassen durch das Pauschale mehr Kunden, als sie durch die erhöhten Freibeträge gewinnen konnten.

Gerade zu einem Zeitpunkt aber, da sogar die offizielle Statistik der österreichischen Nationalbank bereits von einer Verflachung des Geschäfts bei den seit 1954 so expansionsfreudigen Bausparkassen (damals wurde die Steuerbegünstigung eingeführt) sprach, gab es „Sturm im Wasserglas“.

Trotz derartiger Engpässe im Bau- spargeschäft glaubten nämlich auch andere Kreditinstitutsgruppen, auf diesem Sektor noch ihr großes Geschäft machen zu können. So wurde bereits im Jahre 1967 von der Creditanstalt-Bankverein und der .österreichischen Länderbank die Eröffnung einer eigenen Bausparkasse mit Zentralbüro auf der Wiener Mariahilferstraße geplant; auch die Landeshypothekenanstalten wollten diesen Sektor in ihre Geschäftstätigkeit einbeziehen, und 1967 trug man sich schließlich auch kurzfristig beim österreichischen Gewerkschaftsbund mit dem Plan, gemeinsam mit nahestehenden Geldinstituten ein solches Institut ins Leben zu rufen.

Kaum zusätzliche Förderung

Die Hoffnung, die Gelder, die man im eigenen Bereich nicht unterbringen kann, dort — allerdings zinsgünstig — anlegen zu können, dürfte für die Neugründer ins Wasser fallen, denn schon seit Jahren vergeben die österreichischen Bausparkassen ihre Darlehen zu 6 Prozent, und selbst für Zwischenkredite wird nur 6,5 bis 7 Prozent Zins per anno gefordert. Ein Zinsfuß, über den Bankleute bisher nur als unrentabel zu lächeln pflegten. Trotz dieser niedrigen Rendite will man aber nunmehr doch bei Banken und Landeshypothekenanstalten an die Gründung zweier neuer Bausparkassen schreiten. Aus dem eigenen Kundenkreis hoffte man, die dafür notwendigen Bausparer zu bekommen.

Zurückgezogen hat sich von derartigen Plänen nur der Gewerkschaftsbund. Von ihm hört man keine neuen Gründungsgerüchte.

Obwohl solche Absichten zweifellos die in Österreich eingesessenen Bausparkassen beunruhigen, bewegen sie aber nach wie vor mehr die Fragen, wie das Bausparen wieder attraktiver gemacht werden könnte und wie vor allem die Steuerpauschalierung, die aus verwaltungsvereinfachenden Gründen eingeführt wurde, eliminiert werden kann. Denn mit neuen Förderungsmaßnahmen rechnet man angesichts der Budgetlage für die nächsten Jahre ohnehin nicht.

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