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Geld im Kopfpolster

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Zufrieden waren heimische Wirtschaftsfachleute mit der Konjunkturentwicklung. Nach dem Tief des vergangenen Jahres ging es im ersten Halbjahr 1968 eindeutig aufwärts. Zufrieden war auch das „Direktorium der österreichischen Nationalbank“, denn eine ab Mai „eingetretene Belebung des Kreditgeschäftes“ bestätigte auch den Geldleuten, daß die „Baisse“ des Vorjahres überwunden war.

Es geht wieder aufwärts, stellte man bei allen Geldinstituten fest,

• denn die Direktkredite expandierten im Juni 1968 bei allen Instituten um insgesamt 1,87 Milliarden Schilling und damit um 300 Millionen Schilling mehr als im Juni 1967;

• die Ratenkredite verzeichneten ein Plus von 8 Prozent für das erste Halbjahr 1968;

• die Persohalsofortkreditaktion der Creditanstalt, mit großem Werbeaufwand eingeleitet, war ein durchschlagender Erfolg;

• und auch die Bausparkassen meldeten für ihre nur 6prozentigen Baugelddarlehen nach wie vor größtes Interesse.

Rechnete man in der Notenbank bezüglich der Kreditausweitung noch mit einer Verstärkung dieser Tendenz, so trat bei allen Kreditinstituten trotz des rosaroten Wirtschaftshimmels Besorgnis wegen der Einlagenentwicklung auf.

Zum Unterschied von der deutsahen Bundesrepublik hatte „Herr Österreicher“ aus der Not keineswegs eine Tugend gemacht und belehrt durch die Wirtschaftsflaute mehr für einen Notgroschen auf die Seite gelegt. Meldet die „Süddeutsche Zeitung“ vom 30. Juli nämlich einen „Sparboam — obwohl Einkommen wenig Zunahmen“, so macht siah laut der österreichischen Tagespresse bezüglich der Erspamislbildung eine Skepsis bei den Geldinstituten breit.

Die Deutschen haben jedenfalls, durch das Tief 1967 gewaptVoiP ersten Halbjahr 1968 um rund 1,5 Milliarden D-Mark mehr gespart als im ersten Semester des Krisenvorjahres.

In Österreich dagegen, wo die Einkommen auch im Vorjahr und in den ersten sechs Monaten des heurigen Jahres stärker angestiegen sind als im westlichen Nachbarland, ist man mit dem Sparen keineswegs zufrieden.

Sparbuch-Baisse

Der Österreicher sicht bei seinen Spareinlagen noch immer viel zu viel auf die Möglichkeit, sie schnell abheben zu können, als auf erhöhte Rentabilität. Zu dieser Feststellung kommt das Institut für Finanzwissenschaft und Steuerrecht. Die Direktoren der Geldinstitute aber meinen, nicht einmal das Sparbuchsparen als liquideste Sparform habe sich schon ganz durchgesetzt. — So war die Geldkapitalbildung 1968 gleich wie im ersten Halbjahr 1967 und sogar um 200 Millionen niedriger als im ersten Semester 1966. Fast alle Sektorth waren mit der Spareinlagenbildung nicht zufrieden.

• Die Bausparkassen verzeichneten seit März 1967 bei den Neuabschlüssen einen ständigen Rückgang und machen dafür unglückliche Steuermaßnahmen verantwortlich.

• Die Sparkassen fordern seit Jahren auch für Sparkonten mit längerfristiger Bindung eine Steuerbegünstigung.

• Die seinerzeit eingeführte Spar-

prämie wird von allen Sektoren der Geldwirtschaft als unzureichend abgetan u’nd hat sich auch nicht bewährt.

• Fast alle Geld- und Bankinstitute forderten zur Steigerung der Attraktivität der Spareinlagen eine Aufhebung des Habenzinsabkommens, zumindest für längerfristige Einlagen.

Der Intensivierung längerfristiger Sparformen traut man sich angesichts der Tatsache, daß die Sparbuchform noch nicht genug ausge schöpft ist, noch gar nicht zu Leibe zu rücken.

Gerade hier hat Österreich aber gegenüber den westeuropäischen Staaten stark aufzuholen. Denn Geldanlage, wie Pfandbriefsparen, Bausparen, Anlage ih Investmentzertifikaten und Aktien, bringt nicht nur dem einzelnen Sparer höhere Erträge und damit eine Verbesserung seines Lebensstatuts, sondern ist auch für die Investitionstätigkeit der Wirtschaft von ausschlaggebender Bedeutung.

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