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Sparförderung: Ohne Wirkung gekürzt

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In ihrer Septemberklausur hat die Regierung eine Kürzung der für die Sparförderung bereitgestellten Budgetmittel beschlossen. Die vorhergegangene Diskussion läßt den Schluß zu, daß mit diesem Schritt nicht in erster Linie das Sparverhalten beeinflußt werden sollte; sein Ziel war es vielmehr, einen Beitrag zum Abbau des Budgetdefizits zu leisten. Daraus ergeben sich zwei Fragen für die Beurteilung der Gesamtwirkung dieser Maßnahme:

• Kann die Verringerung der Sparförderung überhaupt merklich zur Budgetentlastung beitragen?

• Wie werden die Sparer auf diese Maßnahme reagieren?

Das Nettodefizit des Bundesbudgets wird 1979 rund 35 Mrd. Schilling betragen, für die Sparförderung wendet der Bund zur Zeit jährlich etwas mehr als 5 Mrd. Schilling auf. Davon entfallen etwa die Hälfte auf das Bausparen, ein Viertel auf das Versicherungssparen, ein Fünftel auf Wertpapiersparen und ein Zehntel auf das Prämiensparen. Eine völlige Streichung der staatlichen Sparförderung könnte somit sehr wohl einen sichtbaren Beitrag zur Budgetsanierung leisten.

Die im September beschlossene Kürzung ist allerdings weit von einem derart radikalen Schritt entfernt. Die Regierung mutete einen völligen Abbau nur den Wertpapiersparern zu, von denen sie wegen der weiterhin aufrechten Steuerbegünstigung der Zinseinkommen am wenigsten Proteste zu erwarten hatte. Man kann dies aber auch als eine Rücksichtnahme auf die hinter den einzelnen Förderungsarten stehenden Interessengruppen (die Gewerkschaft bei den Prämiensparem, die Kredit- und die Bauwirtschaft bei den Bausparen! und die Versicherungswirtschaft bei den Versicherungssparern) sehen.

Die Versicherungswirtschaft ist dabei am besten gefahren: nicht nur, weil die Rendite der Lebensversicherungen unverändert blieb (wodurch sie relativ zu den anderen Sparformen noch attraktiver geworden ist), sondern auch durch die Erhöhung der Bindungsfrist von lOauf 15 Jahre.

In den Budgets der nächsten Jahre werden sich die nun vorgenommenen Kürzungen noch aus einem anderen Grund ziemlich wenig auswirken. Da in bereits bestehende Verträge nicht eingegriffen werden sollte, kam es vor der Klausurtagung zu einem Abschlußboom bei Bausparund Prämiensparverträgen. In nächster Zeit wird daher für diese Sparformen ein höherer Betrag an Förderungsmitteln erforderlich sein als vor der Kürzung.

Einsparungen für das kommende Budget (etwa 1 Mrd. Schilling) wird es also nur wegen der Auflassung der Wertpapiersparförderung geben. Gemessen an der Schwankungsbreite des Budgetdefizits, stellt sich die Frage, ob die vorgenommene Kürzung als Einzelnaßnahme zu rechtfertigen ist. Sie ist es aus budgetären Gründen nur, wenn sie als ein Schritt zu einem ferner gelegenen Ziel anzusehen ist und dieSparförde-

rung über kurz oder lang noch merklich reduziert wird.

Zwei lapidare Sätze in einer vor einem Jahr zum Bundeshaushalt 1979 erschienenen Broschüre des Finanzministeriums („Doppelstrategie für Arbeit und Stabilität“) lassen auf eine solche Vorgangsweise schließen. Dort heißt es über die Sparförderung: „Die niedrige inländische Geldkapitalbildung war die Ursache für ihre Einführung. Diese Ursache« ist weggefallen.“

Der zweite Aspekt der Sparförderungskürzung betrifft die Verhaltensweisen der Sparer. Sie könnten auf, die Ertragsminderung folgendermaßen reagieren:

• überhaupt nicht - wenn sie die geförderten Sparformen unabhängig vom Ertrag ausnützen wollen;

• mit einer tendenziellen Rückführung von geförderten in nichtgeförderte Spareinlagen - weil sich nun die Ertragsunterschiede verringert haben;

• mit einer Ausweitung des privaten Konsums - weil es nun weniger attraktiv ist, einen zeitlichen Konsumverzicht auf sich zu nehmen.

Der Vertragsabschlußboom wird kurzfristig - entgegen den Zielen der Maßnahme - eine Ausweitung des geförderten Sparens (ausgenommen Wertpapiersparen) zur Folge haben. Auf längere Sicht könnte es tendenziell zu Umschichtungen zwischen einzelnen Sparformen kommen, wenn die jüngst zu beobachtende Zunahme des Ertragsbewußtseins der österreichischen Sparer aufrecht bleibt: nach dem Wegfällen der „grauen“ Zinsen für (praktisch nicht gebundene) Spareinlagen ist ės nämlich heuer im Frühjahr schon zu massiven Einlagenumschichtungen gekommen. Möglicherweise können Renditenüberlegungen auch zu Verschiebungen von einer geförderten Sparform zu einer anderen führen.

Die jüngsten Maßnahmen haben ja die Effektivverzinsung des Versicherungssparens nicht und die des Wertpapiersparens nur wenig angetastet (es kam hier zu einer Verringerung von etwa 8,9% auf 8%). Stärker wurde die Rendite des Prämiensparens (von etwa 8,8% auf 7,5%) und am stärksten die des Bausparens (von etwa 10,5% auf 8,5%)-gekürzt.

Sichtbare Auswirkungen auf den privaten Konsum dürfte diese Maßnahme nicht haben. Denn viel deutlicher als Änderungen der Sparanreize - die einen marginalen Einfluß haben mögen - wirken sich die unmittelbare Einkommens- und Preisentwicklung gemeinsam mit den Erwartungen über die künftige Entwicklung dieser Größen auf Konsumentscheidungen aus. Alle Argumente sprechen also dafür (und das dürfte die Entscheidung für diese Maßnahme auch begünstigt haben), daß sich die Auswirkungen der Sparförderungskürzung in engen Grenzen halten werden.

Der Autor ist Referent im österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung.

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