6781335-1969_44_23.jpg
Digital In Arbeit

Formen des W ertpapiersparens

Werbung
Werbung
Werbung

In verschiedenen Variationen taucht immer wieder die Frage auf, wie man Geld wertbeständig und „sicher“ anlegen kann und ob man erspartes Geld in Wertpapieren veranlagen soll.

Sparen ist etwas Subjektives, es ist ein Grundzug der menschlichen Natur, vorzusorgen, und zweifellos führt erst das Sparen, zusammen mit anderen, vor allem geistigen Werten zum menschlichen Selbstbewußtsein. Das Streben der Menschen nach Sicherheit ist unlösbar verknüpft mit dem nicht minder intensiven Streben nach persönlichem Besitztum.

Man sollte sich aber davor hüten, bei der Sparwerbung nur eine moralisierende Wertung oder nur den volkswirtschaftlichen Nutzeffekt in den Vordergrund zu stellen. Der Sparer hat in erster Linie das Recht auf angemessene Verzinsung und auf die reale Sicherung seines Sparkapitals.

Persönliche Ersparnisse und die Absicherung der wichtigsten Lebensrisiken durch die Allgemeinheit bilden die Grundlage unserer sozialen und ökonomischen Ordnung. Spar- kapital ermöglicht dem Menschen, selbständig zu handeln und wirtschaftlicher Macht gegenüber wenigstens ein Mindestmaß an Unabhängigkeit zu wahren.

Es gehört daher zu den Grundsätzen moderner Wirtschaftspolitik, die verschiedenen Sparformen, darunter auch das Wertpapiersparen, nach besten Kräften zu fördern. Wirksame Maßnahmen auf diesem Gebiete werden aber leider durch die mit größtem Aufwand betriebene Werbung für den Konsum und die zwar langsame, aber stetige Geldentwertung sehr erschwert.

In der Marktwirtschaft kann das Problem der Erfassung und direkten Transformation einer Vielzahl von anlagesuchenden Sparkapitalien zur Anlage im investitionsbereiten Unternehmen am besten auf dem Wege über das Wertpapier als Kapitalanlage- und Kapitalbeschaffungsmittel gelöst werden. Seine besonderen Vorzüge für den Sparer sind die Mobilität, die kurzfristige Realisierbarkeit und die Möglichkeit, bei Bedarf auch kleine Stückelungen verwenden zu können. Aus dieser Sicht zunächst einige klarstellende Bemerkungen zu den in Frage kommenden Wertpapiergattungen: Anleihen sind gewissermaßen vergangenheitsbezogen. Schon zum Zeitpunkt des Erwerbs weiß man genau, was das Papier nominell im besten Falle bringen wird. Rücklösungswert und Zinsen sind fixiert, eine Überschreitung ist nur in minimalen Grenzen denkbar. Das Anleihepapier ist daher die typische Zeitanlage und zweckmäßig für jene, die sich auf regelmäßige Bezüge verlassen müssen. Es macht wohl die Geldentwertung voll mit, wird aber mit höheren Zinsen honoriert.

Die Aktie dagegen ist zukunftsbezogen, eine typische Daueranlage und unbegrenzt der Zeit nach, denn sie wird ja nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt zurückgezahlt. Sie beinhaltet keinen finanziellen Anspruch. Der Aktionär ist im Ausmaß seines Aktienbesitzes anteilsmäßig Eigentümer des Unternehmens und partizipiert am Gewinn. Er orientiert sich an der Kursentwicklung, manchmal tritt auch das Ertragsdenken in den Vordergrund. Zweifellos ist die Aktie zur Veranlagung von

Spargeld in einem Lebensabschnitt besonders geeignet, wo man noch „etwas vor sich hat“. Unternehmungen sind nicht tot wie eine Schuldverpflichtung, sondern sie leben, investieren und vermehren ihr Vermögen, wenn sie gut geführt sind, und überdauern — wie die Erfahrung lehrt — Krisen der verschiedensten Art noch immer am allerbesten.

Aus diesem Grunde sollen auch Sparkapitalien, die als Alterssicherung, als Sicherstellung der Familie, zur Ausstattung der Kinder, zur Vorsorge für Studienkosten und so weiter gedacht sind, zu einem gewissen Teil in Aktien angelegt werden.

Wer langfristig Aktien erwirbt, beteiligt sich an der Investitionsfinamzierung, schafft vielleicht einen Arbeitsplatz und fördert so letzt- ten Endes durch seine Beteiligung an der Wirtschaft die eigene Zukunft. Den geschilderten Vorteilen stehen auch Nachteile gegenüber. Die Aktie ist in ihrem Wert vom Gedeihen des Unternehmens abhängig und die Überbetonung des Substanzdenkens kann i.n Baisse-Perioden — zumindest zeitweise — zu Verlusten führen. Wenn auch feststeht, daß langfristig in Aktien angelegte Ersparnisse bis zu einem gewissen Grade inflationssicher sind, muß doch zugegeben werden, daß in wirtschaftlichen oder politischen Katastrophensituationen Beteiligungskapital — vorübergehend — entwertet werden kann. Eine andere Frage ist allerdings, wie es in solchen Situationen den Buch- und Anleihesparern ergeht.

Zum besseren Verständnis ist ein Blick in die Vergangenheit sehr lehrreich. Früher lag die Aktienrendite beträchtlich über jener der festverzinslichen Wertpapiere. Die niedrige Verzinsung der Rentenwerte war Ausdruck des Vertrauens in die Währungsstabilität, während die höhere Rendite der Aktien sozusagen eine Risikoprämie für schlechte Wirtschaftsjahre und überhaupt für die Wandelbarkeit der Ertragskraft eines Unternehmens darstellte.

Die zweimalige totale Vernichtung der Rentenvermögen innerhalb einer einzigen Generation hat zu einer vollkommenen Umkehrung der Verhältnisse geführt, und es wird heute ein Zinssatz von sechs bis sieben Prozent für festverzinsliche Werte als Untergrenze angesehen, um das Sparkapital real zu erhalten,

I während man sich bei Dividendeniwerten unter stiller Hoffnung auf ein Kursäquivalent mit der Hälfte oder einer noch geringeren Rendite zufrieden gibt.

Daneben hat sich in der westlichen Welt im Lauf der Jahre eine Vielzahl von Mischformen des Wertpapiersparens herausgebildet. So versucht man bei den Wandelanleihen durch eine Kombination von Aktie und Anleihe die Vorteile beider Grundtypen miteinander zu verbinden, oder man vereinigt eine möglichst große Zahl verschiedener Wertpapierarten in einem Investmentfonds und gibt Anteile dieses Fonds (Zertifikate) aus, um dem Wertpapiersparer größtmögliche Risikostreuung zu bieten. Es würde den Rahmen dieser Darstellung bei weitem sprengen, würde auf jede Mischform eingegangen. Grundsätzlich kann gesagt werden, daß der Wertpapiersparer immer eine Geldanlage anstreben wird, die ihm neben größtmöglicher Sicherheit auch einen befriedigenden Ertrag gewährleistet.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung