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Irreführende Werbung

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Anfangs der 70er Jahre wurde vom Kreditapparat intensiv versucht, den Kauf von festverzinslichen Wertpapieren als Alternative zum Sparbuch populär zu machen. Die Kemaussage war damals: Ein Anleihedepot ist genauso sicher und liquid wie ein Sparbuch, bringt aber eine wesentlich höhere Rendite.

Was damals auch absolut richtig war. Durch die staatliche Wertpapierförderung von 15 Prozent des Ankaufswertes neu emittierter Anleihen und Pfandbriefe konnte man mit dieser Anlageform eine Verzinsung von deutlich über 10 Prozent einspielen, während die offiziellen Sparbuchzinsen (und die grauen Zinsen waren damals tatsächlich auf eine kleine Gruppe kundiger Großeinleger beschränkt) um die vier Prozent pendelten.

Mittels entsprechender Kurspflege auf dem Sekundärmarkt (dem Markt für „alte" Wertpapiere) wurden die Kurse der umlaufenden Papiere entweder überhaupt auf der Höhe des Ausgabekurses oder knapp darunter stabilisiert. Man konnte sein Wertpapierdepot dadurch jederzeit ohne Verlust in Bargeld umwandeln.

Langsam aber sicher entdeckten die auf Sicherheit ausgerichteten Österreicher die Geldanlage in festverzinslichen Wertpapieren. Es war daher keine Überraschung, daß sie im Frühjahr 1979 der Aufforderung, für die gestrichenen Sparbücher mit grauen Zinsen Anleihen zu kaufen, massiv Folge leisteten: Der Anteil der Wertpapierkäufe an der Ersparnisbildung verdoppelte sich 1979, jener der Spareinlagenzuwächse halbierte sich fast.

Durch die aktuelle Hochzinspolitik ist freilich die Fiktion Anleihe = Bargeld mit hoher Verzinsung sehr schnell zerbrochen. Um eine gleich hohe Rendite wie die heuer ausgegebenen hochverzinsten Anleihen abzuwerfen, mußte der Kurs der um nominell bis zu vier Prozent niedriger verzinsten alten Anleihen entsprechend tief absinken.

Wer etwa im Frühjahr 1979 von grauen Zinsen auf Anleihen umgestiegen ist, muß froh sein, wenn die seither kavierten Zinserträge die Kursverluste einigermaßen wettmachen. Für eine damals um 1000 Schilling gekaufte Anleihe sind heute bestenfalls 850 Schilling zu erzielen.

An sich sind Kursschwankungen nicht nur bei Aktien, sondern auch bei Anleihen die natürlichste Sache der Welt. Je höher die Ertragsmöglichkeiten, desto größer das Risiko. In Osterreich freilich werden sich die für den Kapitalmarkt Verantwortlichen den Vorwurf gefallen lassen müssen, jahrelang eine irreführende Werbung betrieben zu haben.

Wer sich davon leiten ließ und jetzt mit hohen Verlusten verkaufen oder einen teuren Kredit nehmen muß, weil er Bargeld braucht, wird sich künftig wohl wieder eher ans Sporbuc/i halten.

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