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Gewinn durch Sinn

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Kapitalkräftige Sparer entdecken auch in Österreich zunehmend die alternativen Vermögensanlagen. Solche Kunden wollen mit ihrem finanziellen Engagement soziale und ökologische Ziele unterstützen. Was für sie zählt, sind nicht Rentabiliät und hohe Zinsen, sondern ethische Kriterien.

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Kapitalkräftige Sparer entdecken auch in Österreich zunehmend die alternativen Vermögensanlagen. Solche Kunden wollen mit ihrem finanziellen Engagement soziale und ökologische Ziele unterstützen. Was für sie zählt, sind nicht Rentabiliät und hohe Zinsen, sondern ethische Kriterien.

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Immer mehr junge Menschen haben immer mehr überschüssiges Geld zur Verfügung, das sie gewinnbringend veranlagen möchten. Aktien, Anleihen, Fonds et cetera gehören längst zum Wortschatz einer breiten Bevölkerungsgruppe. Doch - wer weiß schon, wohin sein Schilling rollt? Man könnte ein schlechtes Gewissen bekommen, wenn man daran denkt, daß etwa das Geld dazu verwendet wird, den Bau eines Atomkraftwerkes zu finanzieren. Oder ein neues „Schiparadies” zu erschließen, oder gar damit Waffen zu produzieren...

Ist Geld also doch schmutzig? Wer da seine Probleme hat, dem kann geholfen werden. Das beweisen Projekte wie die Ökobank Frankfurt. Diese Genossenschaftsbank wurde Anfang der achtziger Jahre gegründet. Durch gebundene festverzinsliche Sparbrief arten werden Projekte unter dem Stichwort Umwelt, Frauen, psychisch Kranke, Dritte Welt oder Selbstverwaltung finanziert. Der Anleger bekommt marktübliche Zinsen, auf die man natürlich zugunsten des Kreditnehmers verzichten kann. Mit einer Eigenkapitalquote von zirka 15 Prozent Ende 1989 lag die Ökobank weit über dem Branchenschnitt von drei bis fünf Prozent. 18 Mitarbeiter betreuen heute bereits

über 23.000 Kunden.

Solche Zahlen können vielleicht auch bald die Schweizer mit ihrer Ende Oktober des Vorjahres gegründeten Alternative Bank Schweiz AG (ABS) vorweisen. Dort wird ein ethischer Kreditausschuß darüber wachen, daß kein Franken (der bereits bei der Einlage als redlich erworben und ordnungsgemäß versteuert deklariert werden muß) etwa für „menschen- oder umweltfeindliche” Produktionen bewilligt wird. Der höchste Zins für Kassenobligationen liegt bei der ABS bei viereinhalb Prozent, rund dreieinhalb Prozent unter dem der profitorientierten Konkurrenz. Dafür liegt auch der Kreditzins bei nur etwa acht Prozent.

Nicht nur Banken ermöglichen dem Anleger eine „saubere” Verwendung seines Geldes. Eine Schar junger Leute entschloß sich zur Gründung eines Investmentklubs. Seit August 1990 wird auch der österreichischen Öffentlichkeit die Mitgliedschaft beim Investmentklub ÖKO-Invest angeboten. Dabei ist man mit einem Anteil (Minimum zirka 10.000 Schilling) am Gemeinschaftsdepot des Klubs beteiligt, der dann als „Großanleger” Spesen sparen und günstige Konditionen aushandeln kann. Die Gelder sollen zum größten Teil in bereits bestehende Ethik-Investmentfonds veranlagt werden, die in den letzten Jahren eine Wertsteigerung von durchschnittlich zehn bis fünfzehn Prozent erzielen konnten. An regelmäßig stattfindenden „Klubabenden” kann jedes Mitglied Vorschläge beziehungsweise Einwände vorbringen.

Auch die Republik gab sich schon 1987 umweltbewußt. Sie begab eine mündelsichere Umweltanleihe zugunsten des Wasserwirtschaftsfonds. Mit zirka 1.000 Schilling kann man sich bis 1997 an diesem Fonds beteiligen. Die Realrendite entspricht etwa der des Sekundärmarktes. Obwohl es in Österreich noch keine „grünen” Banken wie in der Bundesrepublik oder der Schweiz gibt, geben sich auch unsere Großinstitute gerne umweltfreundlich. Seit November 1989 bieten die „Z” beziehungsweise „Raiffeisen” die Mitgliedschaft bei Umwelt-Investmentfonds an. Die Banken beteiligen sich zum großen Teil mit Aktien und Anleihen an Unternehmen, die umweltfreundlich werken. Die Analyseteams der jeweiligen Institute suchen die Unternehmen nach fixen Kriterien aus. So würde beispielsweise der bloße Einbau einer Filteranlage nicht die Voraussetzungen erfüllen. Seit Jahresbeginn verzeichnen allerdings beide Institute eine Negativentwicklung ihres Fonds, wie sie zur Zeit jedoch durchaus auch andere Fonds wegen des generellen Abwärtstrends erfahren.

Eine ganz andere Möglichkeit, um auf die zukünftigen ' Wege seines Geldes Einfluß nehmen zu können, bieten sogenannte Initiativen kritischer Aktionäre.

In Österreich wird eine derartige Initiative vom Grünen Klub im Parlament ergriffen. Über ein Koordinationsbüro der Fraktion schließen sich Aktionäre zusammen, um etwa bei der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft Fragen an den Vorstand zu richten, oder bei Abstimmungen gemeinsam vorzugehen.

Bei der Verbundgesellschaft ist beispielsweise die Anzahl der kritischen Aktionäre bereits auf neunhundert angewachsen. Mit kleinen Beträgen (momentaner Kurswert) kann man sich bereits eine Stimme bei der jährlichen Hauptversammlung sichern.

Nähere Auskünfte erteilen die Kreditinstitute, der Öko-Fonds der Republik/W asserwirtschaf tsf onds unter der Wiener Telefonnummer 725107 oder ÖKO-Invest unter der Wiener Nummer 5262555/12.

Einen guten Überblick über alternative Geldanlagemöglichkeiten bietet auch ein Handbuch der Autoren Deml/Jungmeier, „Grünes Geld”, erschienen 1990 im Wiener „Service Fachverlag”. Die 140 Seiten-Information zum Preis von 128 Schilling enthält auch aktuelle Daten über internationale Anlagemöglichkeiten.

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