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Liquidität gedrückt

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Zu einem echten Konzern hat sich die Genossenschaftliche Zentralbank AG entwickelt, die gerade in den letzten Jahren alles getan hat, um mit den verstaatlichten Banken, was Konzernunternehmen betrifft, gleichzuziehen. Das Spitzeninstitut des Raiffeisensektors hat unter Hinzurechnung seiner Konzernunternehmungen, der Raiffeisenbausparkasse, der Versicherungsfirma des eigenen Reisebüros, der Finanzierungs-AG und der Kreditgenossenschaft der Gewerbetreibenden einen Anstieg um 3,050 Milliarden oder 31,7 Prozent auf 12,675 Millionen Schilling zu verzeichnen.

Generaldirektor Dr. Klauhs konnte befriedigt feststellen: „Für die Raiff-eisen-Geldoirganiisation und für die Genossenschaftiliclhe Zentralbank AG war das Jahr 1969 ein neues Rekord jähr.“

Die Bilanzsumme der Genossenschaftlichen Zentralbank AG ist um 2,4 Milliarden (oder 30 Prozent) erstmals über die 10-Milliarden-Schil-ling-Grenze, und zwar auf 10.418 Millionen Schilling gestiegen. Das ist ein um 932 Millionen höherer Zuwachs als 1968. Die Gesamtumsätze des Instituts stiegen um 22,3 Prozent auf 231 Milliarden Schilling, wobei einige Sparten weit über dem Durchschnitt lagen, wie etwa die Umsätze im Effektengeschäft mit 150 Prozent.

Ein im Jahresdurchschnitt um rund 1,7 Milliarden höherer Einlagenstand gab der Geschäftsführung die Möglichkeit einer wesentlich verstärkten und trotzdem liquiditätspolitisch unbedenklichen Aktivität im Bereich des Kreditgeschäfts. So weitete die Genossenschaftliche Zentralbank AG im Jahre 1969 das Kreditvolumen um 50,2 Prozent oder 1155 Millionen auf 3455 Millionen Schilling aus; der Bestand an Wertpapieren erhöhte sich um 258 Millionen. Die übrigen Mittel wurden — obwohl eine Veranlagung im Ausland über weite Zeiträume hinweg rentabilitätsmäßig günstiger und risikopolitisch durchaus vertretbar schien — dem heimischen Geldmarkt zur Verfügung gestellt. Lediglich jene Mittel wurden im Ausland veranlagt, die als Liquiditätsspitzen nur kurzfristig zur Verfügung standen. Von den Konzernunternehmungen hat die in Raum- und Personalunion mit der Genossenschaftlichen Zentralbank AG geführte Raiffeisen-Finanzierungis-AG dm September

1969 die zweite Raiffeisenanleihe mit einem Volumen von 150 Millionen Schilling begeben. Bisher hat diese Finanzierungs-AG. somit 250 Millionen Raiffeisenanleihe placiert. . Im Jahre 1969 kannte die Raiffeisen-Bausparkasse neue Bausparverträge mit einer Vertragssumme von über 4 Milliarden abschließen, was gegenüber 1968 eine Steigerung um mehr als 50 Prozent bedeutet. Am Ende des Berichtsjahres wurden auf etwa

85.000 noch nicht zugeteilten Bausparverträgen die Vertragssummen von rund 12 Milliarden Schilling verwaltet.

Des weiteren hat sich die Genossenschaftliche Zentralbank AG das Reisebüro Obermayer Ges. m. b. H. als Raiffeisen-Reisedienst eingegliedert und kann damit — internationalen Vorbildern folgend — nicht nur ihren eigenen Kunden, sondern auch dem gesamten Raiffeisensektor neben den üblichen Bankdienstleistungen ein Reise- und Fremdenverkehrsservice am Bankschalter bieten.

Erfolgreicher Raiffeisen-Geldsektor

Die gesamte Bilanzsumme der Raiff-eisen-Geldorgandsation hat nach einer Steigerung um etwa 10 Milliarden Schilling am Ende des Jahres 1969 53,5 Milliarden erreicht. Die Spareinlagen stiegen um 3955 Millionen, die Sicht- und Termineinlagen (1628 Millionen Bauspareinlagen und 392 Millionen Emissionserlöse) auf insgesamt 29.867 Millionen primäre Fremdmittel.

Im Berichtsjahr stieg das kommerzielle Kreditvolumen um 3598,1 Millionen auf 23.576 Millionen an, wozu noch 1854 Millionen Bausparkredite kommen. Auffallend ist, daß in der Raiffeisen-Geldorganisation die Kreditausweitung erst später als im Bereich der Aktienbanken eingesetzt hat. Dies läßt erkennen, daß der selbständige und unselbständige Mittelstand, der zum Hauptkundenkreis der Raiffeisen-Geldorganisation gehört, erst später vom Einsetzen der Konjunktur profitiert. Dieses Phänomen bietet ein weiteres Argument gegen Kreditbeschränkungen von der Aktivseite her, die sowohl Kreditinstitutsgruppen als auch Wirtschaftsbereiche völlig ungerechtfertigt diskriminieren würden. Im Berichtsjahr verlief die Liquiditätssituation der Genossenschaftlichen Zentralbank AG durchaus zufriedenstellend. Erst zum Jahresende erfuhr sie eine wesentliche Verknappung, die ihre Ursache vor allem in zwei Umständen hatte:

• Nach einem mehr als überdurchschnittlicher! Mittelabfluß in den Monaten November und Dezember (1038 Millionen gegenüber 147 Millionen im Jahre 1968) fehlte der seit Jahren ab Mitte Dezember zu beobachtende Mittelrückfluß fast gänzlich.

• Die österreichische Nationalbank hatte an Stelle der saisonüblichen Erleichterung zum Jahresende, im Jahre 1969 als Folge ihrer sehr frühzeitig auf Restriktion geschalteten Politik gegen Ende “Oktober bereits die Mindestreservesätze erhöht.

Die nicht ganz unbestrittenen restriktiven Maßnahmen der Notenbank im Jänner 1970 haben die Liquiditätssituation verschärft. Von der österreichischen Nationalbank hat die Genossenschaftliche Zentralbank AG allein 280 Millionen Schilling Kassenscheine übernommen. Das Jahr 1970 wird nach dem Liquiditätsboom des vergangenen Jahres, der bei der Genossenschaftlichen Zentral-

bank AG vor allem in den Sommermonaten festzustellen war, jedenfalls ein Jahr der Liquaditätsenge werden; dies selbst dann, wenn die österreichische Nationalbank keine weiteren Maßnahmen der Kreditrestriktion und Erhöhung des Zinsniveaus mehr setzen sollte. „Ein solches Vorgehen ist bei stärkeren Überhitzungserscheinungen nicht ausgeschlossen“, erklärte Direktor Dr. Klauhs.

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