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Neue Aufgaben für die Raiffeisen-Kredit- Genossenschaften

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Die Raiffeisen-Geldorganisation beging im Vorjahr den 150. Geburtstag ihres Gründers F. W. Raiffeisen. Seit der ersten Gründung einer Raiffeisenkasse in Österreich, 1886, hatte die Raiffeisen-Geldorganisation ein organisches und kontinuierliches Wachstum aufzuweisen. In den Jahren seit 1945 nahm die Entwicklung einen Umfang an, der weit über jenem anderer österreichischer Kreditinstitutsgruppen liegt.

Durch die günstige wirtschaftliche Situation Österreichs sind jene Bevölkerungsschichten, die zum traditionellen Kundenkreis der Raiffeisenkassen gehören, in günstigere Emkom- mensverhältnisse hineingewachsen. Weiters boten Struktur und Organisationsprinzip der Raiffeisen-Geldorganisation mit 1687 Instituten — 80 Prozent der selbständigen österreichischen Kreditinstitute sowie 180 Zweigstellen, neun Landeszentralen und dem Spitzeninistitut der Genossenschaftlichen Zentralbank AG, also mit dem bei weitem dichtesten Kreditinstituitsnetz Österreichs, bei Erhaltung selbständiger funktioneller Einheiten beste Voraussetzungen für eine kundennahe kreditwirtschaftliche Betreuung wie auch für Kapitalbildung in den kleineren Orten auf dem flachen Lande. Dieser Erfolg kam nicht von allein, sondern er bedurfte größter wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Aktivität. Zu den vornehmsten Aufgaben der Raiffeisen-Geldorganisation gehört die wirtschaftliche Aufklärungstätigkeit, insbesondere auf dem Sektor des Geldwesens. Hier trägt die mühsame, aber zielbewußte Arbeit vergangener Jahre nuii Früchte. Selbstverständlich hat die Ausweitung des Geschäftsumfanges auch die Raiffeisen-Geldorganisation vor organisatorische Probleme gestellt. War der Geltungsbereich der Raiffeisenkasse ursprünglich auf den kleinen, leicht überschaubaren lokalen Bereich ausgerichtet, so sind die Raiffeisenkassen nun moderne Vollbanken, die gleichberechtigt neben anderen Konkurrenten als Mitbewerber um eine optimale Marktstellung nicht nur im Dienste der Mitglieder, sondern auch der anderen Kunden auftreten müssen, ohne ihre Ausrichtung als Selbsthilfeeinrichtung der Mitglieder zu verlieren.

Bei unveränderter Zielsetzung haben sich die Wege zur Verwirklichung dieser Forderungen entscheidend gewandelt. Die Bestrebungen der Raiffeisen-Geldorganisation gehen einerseits dahin, kleinere Kassen zusammenzulegen, um optimale Betriebsgrößen zu erreichen (Konzentration), anderseits aber durch Verstärkung des Verbundes (Kooperation) eine zusätzliche Erhöhung der Leistungsfähigkeit zu erzielen, wiewohl der Dreistufenaufbau (Raiffeisenkasse, Landeszentrale, Genossenschaftliche Zentralbank AG als Spitzeninstitut) bereits eine Ideallösung darstellt.

Neue Aufgaben werden an die Raiffeisenkassen herangetragen. Man denke nur an das Fortschreiten der bargeldlosen Lohn- und Gehaltszahlung, an die Erweiterung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs im allgemeinen, die zunehmende außenwirtschaftliche Verflechtung der österreichischen Wirtschaft sowie die damit zusammenhängende Verstärkung des Zahlungsverkehrs mit dem Ausland und nicht zuletzt an die ständige Ausweitung des Valuten- und Wechselstubengeschäftes durch den Fremdenverkehr. Das Hineinwachsen in Einkommensverhältnisse, die eine echte Anlageberatung erfordern, beschert der Raiffeisen-Geldorganisation ebenfalls neue und interessante Aufgabenbereiche.

Durch Neugründungen beziehungsweise Beteiligungen wurden zusätzliche Möglichkeiten geschaffen. So wurde zu der Raiffeisen-Bausparkasse Ges. m. b. H.. die in der. acht Jahren ihres Bestehens bereits einen Marktanteil von 22 Prozent erringen konnte, die Raiffeisen- Lebensversicherunigs AG gegründet. Hand in Hand damit geht die Aufbringung langfristigen Kapitals als Grundlage für Investitions- finanzierung. Diesem Zweck dient auch die Raiffeiisen-Finanzierungs AG, die im Jahre 1968 gegründet wurde.

Damit hat die Raiffeisen-Geldorganisatian in ihrer traditionellen Kundschaft dem Wertpapiersparen neue Kreise erschließen können. Die Genossenschaftliche Zentralbank AG beteiligte sich auch an der Sparinvest-Kapital- anlagegesellschaft, so daß auch das Investmentsparen im Fächer des Angebotes vertreten ist.

Im Rahmen des Kreditgeschäftes hat die Raiffeisen-Geldonganisation von jeher auf Grund ihrer Kundennähe und der dadurch relativ unkomplizierten Bonitätsprüfung den „Kredit nach Maß“ gepflegt. In dieser Richtung wird auch in Zukunft weitergegangen werden.

Die siebziger Jahre werden der Raiffeisen- Geldorganisation zahlreiche neue Aufgaben bringen. Die Voraussetzung zu ihrer Bewälti gung ist durch den organisatorischen Aufbau bereits geschaffen. Der Weg von der traditionsreichen, historisch gewachsenen „Dorfbank“ zur modernen „Bank für jedermann“ ist im wesentlichen abgeschlossen. Rationali- sierungsmaßnahmen und eine verstärkte Schulung der Mitarbeiter werden zunehmend das Bild der modernen Raiffeisenkasse prägen.

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