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Anreiz für Sparer

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„Wir werden notfalls auch das Haben-Zinsabkommen aufkündigen“, gab der Generalsekretär des Sparkassenverbandes, Dr. Walter Sadleder, den anderen Geldinstitutsgruppen zu verstehen, die in der Sektion Geld-, Kredit- und Versicherungswesen der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft im Frühjahr dieses Jahres eine Erhöhung des Zinsfußes für längerfristige Spareinlagen und eine Abänderung des Haben-Zinsabkommens abgelehnt halten. Diesen Wink mit dem Zaunpfahl vollführte Sadleder beim diesjährigen Jahrestag der Sparkassenleiter in Bad Hofgastein.

Die Sparkassen dürften damit ihrem Kundenkreis, dem kleinen Sparer mehr Sparanreize bieten wollen, als dies bisher durch einen relativ niedrigen Zinsfuß von dreieinhalb bis viereinhalb Prozent der Fall war. Denn das Sparbuch wurde in den letzten Jahren, wie man öfter von Vertretern verschiedenster Kreditinstitute hören konnte, mehr zum sicheren Gelddepot als zur echten Kapitalanlage. Daß aber gerade zum jetzigen Zeitpunkt Diskussionen um das Haben-Zinsabkommen wieder einsetzen, dürfte darauf zurückzuführen sein,

• daß im Jahre 1967 der Zuwachs der Einzahlungen auf Sparkonten mit 9,15 Milliarden Schilling um mehr als 800 Millionen Schilling hinter dem Vorjahr zurückblieb,

• daß auch die steuerbegünstigten Bausparkassen im Vorjahr erstmals beim Neugeschäft eine Rückentwick- lupg zu verzeichnen haben

• und daß die durchschnittliche Wertverminderung des Schilling und auch ausländischer Währungen derzeit doch so groß ist, daß der Zinsfuß von dreieinhalb bis viereinhalb Prozent kaum mehr ausreicht, um diesen Schwund zu decken.

Stabile Spareinlagen

Erst die April-Ergebnisse zeigten diese Tendenz erneut, denn die Spareinlagen wiesen im April 1968 mit 29 Millionen Schilling Erhöhung kaum eine Expansion auf. Ja, bei den Sparkassen, Raiffeisenkassen und beim Postsparkassenamt überwogen laut Bericht des Direktoriums der österreichischen Nationalbank sogar die Abhebungen. Am besten schnitten noch bei den Einlagen die Aktienbanken und Bausparkassen mit einer Zunahme von 65 beziehungsweise 69 Millionen Schilling ab, die damit das Manko der Spar- und Raiffeisenkassen ausgleichen mußten.

Derartige, zweifellos auch saisonbedingte schwächere Ergebnisse schreckten die stets expansionsfreudigen Sparkassen auf, so daß sie zum Schluß kamen, daß man trotz „des dann zu erwartenden Druckes auf die Ertragsspannen die völlige Beseitigung der Zinsbildung befürworten müsse“.

Sowohl die Sparkassen wie auch die Bausparkassen — beide sind in der Wohnbaufinanzierung stark engagiert — wiesen dabei in ge-, trennten Interessen immer wieder darauf hin, daß Rückentwicklungen bei ihren Einlagen beziehungsweise beim Neugeschäft negative Auswirkungen auf die Wohnbauinvestitionen in den nächsten Jahren mit sich bringen könnten. Der Generaldirektor der Volksbanken gab überdies zu verstehen, daß man sich überlegen müsse, für längerfristig gebundene Termineinlagen (wenn diese mindestens zweieinhalb Jahre gebunden werden) die Zinisbildung vom Haben- Zinsabkommen auszunehmen. Ähnliche Meinungen dürften sich auch bei den anderen Geld- und Kreditinstituten ergeben haben. Die Sparkassen aber wollen auch längerfristig gebundene Spareinlagen eine Freigabe der Zinsbildung erreichen.

Wenn Sadleder bei seiner harten Kündigung des Haben-Zinsabkom- mens bleibt, könnte es jedenfalls noch vor den Sommerferien zu einer erneuten Diskussion in der Sektion Geld und Kredit in der Kammer und zu diesem Schritt der Aufkündigung kommen.

Für Kenner der Kreditinstitute scheint es jedenfalls klar zu sein, daß der lange Jahre eingefrorene Haben-Zinssatz und die Diskussion um das im Finanzministerium befindliche Kreditwesengesetz dazu beitragen werde, daß die österreichischen Geld- und Kreditinstitute einen heißen, diskussionsreichen Sommer und Herbst 1968 haben werden.

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