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Das Porträt des österreichischen Sparers

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Herr Österreicher ist nicht so sparfreudig wie seine Nachbarn: Im westeuropäischen Sparerkonzert liegt er sogar ziemlich weit rückwärts. Denn während die Spareinlagen je Kopf der Bevölkerung Ende 1967 zum Beispiel in der Schweiz 48.379,60 Schilling betrugen und auch in Schweden über 41.000 Schilling lagen, hat man in Österreich nur 11.881,80 Schilling Spareinlagen je Kopf der Bevölkerung. Damit liegt Österreich aber weit hinter Dänemark, Großbritannien, Norwegen, der deutschen Bundesrepublik, Finnland, ja sogar Italien und Frankreich liegen noch vor Österreich.

Und wenn Herr Österreicher spart, dann spart er auf ein ganz bestimmtes Ziel und nicht um der Geldanlage willen schlechthin; eine gut ausgestattete Wohnung oder ein Eigenheim, ein Auto, eine Reise, ein Fernsehgerät — das sind die Sparziele, (die Herrn Österreicher bewußt sind. Daß er sparen muß, um Wirtschaftswachstum, Investitionen, höheren Lebensstandard und Sicherheit für sein Alter zu erreichen, ist ihm eigentlich weniger bewußt. Hauptsächlich trägt er sein Geld auf das ganz einfache Sparbuch mit der nur 3‘i- bis 4prozentigen Verzinsung, schon Spareinlagen mit Kündigungsfrist scheinen vielen als ein Wagnis.

Von den langfristigen Anlagenmöglichkeiten goutierte Herr Österreicher hauptsächlich das Bausparen, weil ihm dieses neben einer normalen Verzinsung von 3 bis 4i Prozent auch die Möglichkeit bietet, steuerlich entsprechende Freibeträge zu erhalten, und die steuerliche Begünstigung ist für Herrn Österreicher Grund genug, um sein Geld auch für fünf Jahre und länger gebunden anzulegen.

Daß man auch anders sparen kann, setzt sich erst langsam durch.

Der österreichische Sparer scheut das Risiko, auch wenn er durch solches eine wesentlich höhere Rendite erzielte.

Der österreichische Sparer fürchtet — derzeit zumindestens — nicht für die Stabilität des Schillings, wenn aber Gerüchte, wie eine Pfundabwertung, Geldentwertung und ähnlicher „Bassenatratsch“ die Runde machen, idann neigen viele unserer Mitmenschen dazu, zu den Schaltern der Geldinstitute zu eilen, um ihre Sparkonten zu plündern und in, wie sie glauben, sicherere Werte wie Goldmünzen, Schweizer Franken oder DM anzulegen.

Das Porträt des österreichischen Sparers wäre nicht abgerundet, wenn man nicht auch noch hinzufügte, daß der Österreicher es eigentlich mehr dem Zufall überläßt, einen echten Gewinn durch sein Sparen zu erzielen. Er bedient sich nicht wie der Schweizer der Kurstabellen und der Rechenmaschinen, um sein Kapital zu vermehren, sondern läßt eher den Zufall walten. Erst langsam, in letzter Zeit, beginnt auch der österreichische Sparer zu begreifen, warum in den Nachbarländern der Wohlstand höher, der Gewinn beim Sparen größer geworden ist.

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