Bärlauch: Grünkraft auf dem Teller
Die Coronakrise hat dazu beigetragen, das Naheliegende wiederzuentdecken. Dazu zählt auch der Bärlauch – als Teil der Kräuterküche, aber auch der Naturapotheke.
Die Coronakrise hat dazu beigetragen, das Naheliegende wiederzuentdecken. Dazu zählt auch der Bärlauch – als Teil der Kräuterküche, aber auch der Naturapotheke.
Im Reich der Tiere ist der Bär ein Arzt: Mit seinen Krallen gräbt er nach heilenden Pflanzen. Das behaupteten nicht nur antike römische Autoren wie Plinius oder Ambrosius. Auch manche Medizinmänner von nordamerikanischen Indianervölkern sahen in Meister Petz einen „Häuptling der Pflanzenheilkunde“. Der Naturforscher Ernest T. Seton (1860–1946) meinte gar, dass ein Bär mehr von Pflanzen und Wurzeln verstehe als ein ganzes Kollegium von Botanikern. Bereits die Germanen und Kelten kannten sogenannte Bärenpflanzen, die mit Heilkraft, Vitalität und Fruchtbarkeit assoziiert wurden. Dazu zählen der Wiesenbärenklau, das Bärenmutterkraut (Liebstöckel) oder eben der Bärlauch – im Volksmund auch als wilder Knoblauch, „Hexenzwiebel“ oder „Hundsknofel“ bekannt. Allium ursinum, so die Fachsprache, zählt jedenfalls zu den ältesten Nutz- und Heilpflanzen in Europa: Bereits in der Mittelsteinzeit vor mehr als 7000 Jahren stand der Bärlauch auf dem Speiseplan.
Heilkräuter: Jahrtausendealtes Wissen
So wie sich der Bär jeden Winter in seine Höhle zurückzieht und im Frühling mit viel Energie wieder auftaucht, ist auch der Bärlauch ein Sinnbild für die alljährliche Regeneration. Die Zwiebeln der mehrjährigen Pflanze überwintern im Boden und warten auf den Austrieb im Frühjahr. Ihre seidigen Blätter erscheinen ab März; man findet sie in schattigen Laub- und Mischwäldern, Wiesen und Parks, an Bachläufen und in Augebieten. „Die frischen Kräuter des Frühlings bezeichnete die mittelalterliche Kräuterlehrerin Hildegard von Bingen als ‚Grünkraft‘“, erzählt der Allgemeinmediziner Leopold Spindelberger, der sich auf Traditionelle Europäische und Chinesische Medizin (TEM, TCM) spezialisiert hat. „Die moderne Ernährungswissenschaft hat herausgefunden, dass darin tatsächlich wertvolle Stoffe enthalten sind. Die hellgrünen Triebe sind am vitalstoffreichsten. Je älter die Pflanzen werden, desto mehr verbrauchen sie für ihr Wachstum.“ Das frische Grün markiert die beste Erntezeit: Denn sobald die Blütenknospen aufbrechen, sinkt nicht nur der gesundheitliche Gehalt; auch Aroma und Geschmack des Bärlauchs haben dann ihren Zenit überschritten.
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