Führerbunker und Vietnam

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Don DeLillos "Running Dog" schaffte als "Bluthund" die Überfuhr auf den deutschen Markt.

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Don DeLillos "Running Dog" schaffte als "Bluthund" die Überfuhr auf den deutschen Markt.

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Blut fließt keineswegs in Strömen in Don DeLillos Frühroman "Bluthunde". Nur so ungefähr ein Liter am Anfang - ob sehr viel Blut floß, als dem Helden am Ende der Kopf abgeschlagen wurde, läßt der Autor dahingestellt.

Zwischen dem am Beginn vergossenen Liter Blut und dem abgeschlagenen Kopf am Ende entwickelt sich ein Kriminalroman mit allen Zutaten, die man aus amerikanischen Erfolgsromanen kennt. Da gibt es den höchst sparsam mit Worten umgehenden Helden, also Cowboytonart. Die Cowboys der Filme und Romane, das weiß man schließlich, haben die wortkarge Redeweise den Indianern abgesehen. Der Rest der Beteiligten redet auch nicht viel mehr, doch das dient wiederum als Mittel, die Spannung zu erhöhen. Wenn nämlich ständig nur halbe Sätze ausgesprochen werden, die aber so geschickt formuliert sind, daß der Leser den Eindruck gewinnt, dahinter lauere unmittelbar die Gefahr, dann kann er nicht mehr aufhören zu lesen - etwa, um schnellstens zum nächsten Mord zu kommen.

Die eigentliche Geschichte dreht sich um ein Filmoriginal, mit dem enorm viel Geld gemacht werden könnte. Und wo es um viel Geld geht, ganz klar, da stürzt sich, wie die Schmeißfliegen aufs Aas, alles drauf - alles, was es an korrupten und kriminellen Elementen in der Gegend gibt.

Was auf dem Filmstreifen festgehalten ist, das ist ja auch einzigartig: Eine zwei Stunden dauernde Sexparty in Hitlers Führerbunker, kurz vor dem Ende. Dafür muß anfangs ein Transvestit sein Leben lassen, warum eigentlich, konnte nicht aufgedeckt werden, denn der Tote redet nicht mehr. Und der Tote vom Ende, er ist eigentlich die emblematische Hauptfigur des Romans - also, das hat schon auch etwas mit dem Film zu tun, obwohl man eigentlich den Eindruck gewinnt, er suche etwas anderes.

Aber mit diesen Cowboytypen ist es halt schwer, die reden ja fast nichts, schauen nur bedeutungsvoll drein, wie soll man da ihr Problem begreifen? Immerhin ist es schon rührend, wie fürsorglich der Held mit den Frauen umgeht, und spannend, wie er seine Pistolen wegwirft, um sich seinen Verfolgern nur mit einem Messer zu stellen, wobei er schließlich eben den Kopf verliert. Aber das ist halt nun mal der Stil der Rangers, die in Vietnam waren.

Eine Journalistin des Aufdeckerblattes "Bluthund" hilft mit ihren Gedanken dem Leser, sich zurechtzufinden. Weil sie aber mit ihrem Artikel fertig war und anderes zu tun bekam, kriegt die Gute anscheinend nicht einmal die Pointe der Geschichte mit, nämlich, daß die Jagd der gierigen Korruptionisten und Mafiabosse umsonst war. Der Film stellt sich als ganz harmlose Familienaufnahme heraus, allerdings wirklich aus dem Führerbunker. Spannend allerdings ist der "Bluthund" wirklich bis zur letzten Seite. Der Roman ist DeLillos vor 20 Jahren geschriebenes Erstlingswerk und wurde jetzt für seine begeisterten Leser auch in deutscher Sprache herausgebracht.

Bluthunde. Roman von Don DeLillo. Kiepenheuer & Witsch, Köln 1999. 335 Seiten, Ln., öS 307,- / e 22,31

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