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In letzter Stunde

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Noch ehe die Dienstagsitzung begann, hatte man einen offenen Bruch weitestgehend vermieden. Aber noch immer standen die britischen Thesen — bloß unterstützt von Australien, Neuseeland, Malawi und Malaysia — der afro-karibisch-asia- tischen Erklärung gegenüber, die NIBMAR, militärische Intervention und UNO-Wirtschaftssanktionen verlangte. Auch der Dienstagabend sah keinen wesentlichen Fortschritt. Im Gegenteil, der Außenminister Zambias, Mr. Simon Kapwepwe, vergiftete die Atmosphäre, als er in einem Interview den britischen Premierminister einen „Rassisten“ und „Imperialisten“ nannte.

Mittwoch morgen sah es zumindest an der Oberfläche so aussichtslos aus wie am Montagabend. Ein Kompromiß schien nicht möglich. Hinzu kam, daß sich die australischen und neuseeländischen Delegierten in der neuen Atmosphäre nicht zurechtfanden, sie trauerten der alten „Klubatmosphäre“ nach. Daß sich hinter dem Namen Commonwealth heute etwas durchaus anderes verbirgt als noch vor fünf Jahren, hat von den „weißen“ Mitgliedern nur Kanada erfaßt. In der Tat, es war der kanadische Premierminister, der am Mittwoch morgen der Konferenz ein Kommunique vorlegte, das von einem neungliedrigen Ausschuß bis 18 Uhr unterschriftsreif ausgearbeitet werden konnte. Als sich die Delegierten wieder trafen, war die Angelegenheit in 35 Minuten vorüber — und das Commonwealth noch einmal davongekommen.

Großbritannien hatte allen Anlaß, freudig überrascht zu sein. Denn man hatte sich schließlich geeinigt, daß eine unmittelbare Mehrheitsherrschaft als unrealistisch nicht angestrebt werden sollte, keine allgemeine UN-Wirtschaftsblockade und die Fortsetzung der „Geispräche über eine Verhandlung“ mit Salisbury. Harold Wilson war den afrikanischen Ländern insofern entgegengekommen, als Mr. Smith ein Termin gesetzt wurde, und eine UN- Wirtschaftsblockade über einige ausgewählte Güter angestrebt werden soll.

Nur eine Atempause

Selbstverständlich hat die Konferenz dem Commonwealth nur eine Atempause gewährt. Ihre Dauer wird von verschiedenen Faktoren abhängen, von denen die meisten von Wilson kaum beeinflußt werden können. Denn schon jetzt läßt sich prophezeien, daß die erweiterten Wirtschaftssanktionen ebenso erfolglos bleiben werden wie die vor einem Jahr eingeführten. Präsident Kaunda von Zambia hat das schon vor Beginn der Konferenz in einem höchst aufschlußreichen Aufsatz in der „Sunday Times“ herausgearbeitet. Solange nämlich Südafrika und Portugal Mr. Smith unterstützen, müssen etwaige Blok- kaden verpuffen. Falls Großbritannien es wirklich ernst meine, müßte es, so schreibt Präsident Kaunda, militärisch eingreifen. Denn nur dann könne es den Geist retten, auf den das Commonwealth aufgebaut ist. Nämlich das gleichberechtigte Zusammenleben verschiedener Rassen in einem Staatenbund.

So einig sich die Delegierten am Ende der Konferenz auch gezeigt haben, die Risse im Commonwealth vertiefen sich. Die Vertreter der jungen Nationen haben in einem ihr Ziel nämlich erreicht: sie ließen keinen Zweifel entstehen, daß ein Zugeständnis Londons an eine Minderheitsregierung in Salisbury, welches nicht alle Einwohner Rhodesiens gutheißen, das Ende des Commonwealth bedeuten würde.

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