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Peron der Ruhelose

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In dem neuen Luxushotel „Presi- dente“ in Buenos Aires (eine Nacht ohne Frühstück kostet für eine Person etwa 500 Schilling) stellt sich die Familie des Generals Rafael Trujillo junior, Frau, zwei Kinder und ein Hund, den argentinischen Journalisten. Sie leben seit Jahren in Madrid und sind „aus geschäftlichen Gründen“ in Südamerika zu Besuch.

„Haben Sie Beziehungen zu Jorge Antonio?“ fragte ein Journalist. „Nein“, sagte der „General“, „ich lege mein Geld selbst ah.“

Inzwischen saß Jorge Antonio im „Columbia Palace Hotel“ in der uruguayischen Hauptstadt Montevideo, 240 Kilometer von Buenos Aires entfernt. Seine Feinde behaupten, daß Perön ihn vor 20 Jahren aufgegaberlt habe, als er Krankenpfleger in der uruguayischen Stadt Colonia war. Jedenfalls hat er sich inzwischen zu einer internationalen Finanzmacht entwickelt. Peron gab den deutschen Firmen, die sich nach dem zweiten Weltkrieg wieder in Argentinien niederließen, jede Erleichterung, wenn sie seinen Strohmann — Jorge Antonio — in den Vorstand nahmen und ihn — Perön — so mitverdienen ließen. So wurde Jorge Antonio unter anderem Präsident der argentinischen Niederlassung von Mercedes-Benz.

Nach dem Sturz Perons

Als Perön gestürzt wurde, mußte nicht nur der allzusehr mit ihm befreundete bundesrepublikanische Botschafter Terdengo abreisen, sondern wurden alle Firmen, bei denen Jorge Antonio, Perön & x0026; Co. beteiligt waren, jahrelang unter Zwangsver- waltung gestellt. Jorge Antonio rechtfertigte aber das Vertrauen seines Herrn. Während Perön an die Millionen Dollar seiner Frau Evita nicht herankonnte, weil sie sie allzu vorsichtig auf ein Nummemkonto in der Schweiz nur unter ihrem Namen deponiert hatte, gab Jorge Antonio dem Ehemann Perön die Millionen,,

die ihm aus der Teilhaberschaft bei der „Industrialisierung Argentiniens“ gebührten. Inzwischen ist Jorge Antonio nicht nur der wirtschaftliche, sondern auch der politische Berater Peröns geworden. In dieser Eigenschaft verhandelte er in Montevideo gleichzeitig mit Offizieren in Zivil, die das Vertrauen des argentinischen Präsidenten Juan Carlos Ongania genießen, und dem Gewerkschaftsführer Ongaro, der den sozialen Aufstand gegen das argentinische Regime predigt.

Politik aus dem Exil

Jorge Antonio will die Peronisten Ongania als Fußvolk für ein Plebiszit ausliefern, mit dem dieser bewei sen will, daß er kein Diktator, sondern ein Wohltäter ist. Das klingt abenteuerlich, ist es aber nicht. Ongania hat gerade wieder erklärt, daß er die Demokratie wiedereinführen wolle, jedoch ohne die Parteien und deren Führer von gestern. Also muß er sich eine neue Partei gründen. Alle Parteien sind zwar verboten, mehrere von ihnen aber sind emsig tätig. Das einzige, worüber kein Zweifel besteht, ist, daß die Peronisten die stärkste Gruppe darstellen. Jorge Antonio sagt, sie seien geeint, was sehr zu bezweifeln ist. Auch besteht der immerhin über 70 Jahre alte Perön nicht mehr auf seiner Rückkehr aus dem Madrider „Exil“. In jedem Falle werden die

Fäden zwischen dem Exdiktator Perön und dem „Nicht-mehr“-Dik- tator Ongania gesponnen. Dabei riskiert Ongania einen Staatsstreich der Generäle, die unter Perön im Gefängnis saßen, wie des Chefkommandanten Lanusse, und der scharf antiperonistischen Marine. Da Perön als Bedingung Nr. 1 die Wendung zu einer nationalistischen Wirtschaftspolitik, mit der die Arbeiterschaft begünstigt werden soll, fordert, müßte Ongania auch den Wirtschaftsminister Adalberto Krieger Vasena fallenlassen, der nicht nur das Vertrauen der Unternehmer, sondern auch das der internationalen Finanzkredse genießt, gerade weil er die von Perön bekämpfte unpopuläre Tendenz verwirklicht.

Jedenfalls dürfte zum ersten Male ein vor 13 Jahren abgesetzter Diktator aus der Emigration noch die entscheidende Kraft für das politische Schicksal des Landes bilden.

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