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Isabell ist nicht Evita

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Das Barometer der politischen Spannung in Argentinien steht wieder auf „Veränderlich“. Zwar ist der Streik der städtischen Angestellten in Buenos Aires nach über dreiwöchigen Dauer beendet worden. Aber die soziale .Unruhe hält an. Der Gewerkschaftsverband C. G. T. setzt die Streikwelle fort, die ihre Berechtigung darin findet, daß die Regierung die Löhne nur um 15 Prozent in diesem Jahr steigen lassen will, ohne die Preise — wie zugesagt — einfrieren zu lassen. Die wirtschaftliche Unsicherheit begünstigt die politische, die in dem Schlagwort: „So geht es nicht weiter“ den gewohnten Ausdruck findet.

Obwohl die Offiziere — zum ersten Male seit Jahrzehnten — weiter die zivile Autorität respektieren, hört man beunruhigende Gerüchte. Zu ihnen gehört in erster Linie, daß Perön wieder versuchen wolle, nach Argentinien zurückzukehren. Die argentinische Regierung läßt die Flughäfen überwachen und soll die lateinamerikanischen Nachbarn ersucht haben, ihn — wie bei der Landung im Dezember 1964 in Rio de Janeiro — zurückzuschicken, wenn er bei ihnen auftaucht. Die brasilianische Regierung dementiert, jetzt die gleiche Haltung zugesagt zu haben. Der uruguayische Staatsrat hat sich damals wenig klar verhalten. Vor allem ist Perön „paraguayischer Staatsbürger ehrenhalber“ und ein enger Freund des paraguayischen Präsidenten Stroessner. So unglaubwürdig die Gerüchte — nach den Erfahrungen des Expräsidenten — klingen, es fällt ebenso schwe , anzunehmen, daß seine dritte Frau, Isabel geborene Martinez, täglich erklärt, sie erwarte ihren Mann in Argentinien, wenn sie nicht selbst darauf vertraut.

Jorge Antonio eine große Rolle. Dieser Finanzmann, der heute zwischen Madrid, New York und Asuncion pendelt, war 1948 ein Arbeitsloser. Perön benutzte ihn als Strohmann, besonders, um sich an den großen deutschen Firmen, die nach dem Kriege nach Argentinien zurückkehrten, zu beteiligen. 1958 wurde Antonios Vermögen in Argentinien im Werte von 1633 Millionen Pesos beschlagnahmt. Die ins Ausland transferierten Gelder machen ihn und Perön zu vielfachen Dollarmillionären. Die Gewerkschaften behaupten, daß Perön unter Antonios Einfluß ihre Macht in der Bewegung schwächen wolle und aus diesem Grunde die Umorganisation befohlen habe.

Zuviel für eine Frau

Aber auch die „Union Populär“, die Partei, für die 53 Peronisten in das Parlament gewählt wurden, weigert sich, Delegierte in das „Oberkommando“ von „Isabelita“ zu entsenden. Wenn man die Lesart der Gewerkschaften akzeptiert, scheint diese Haltung erstaunlich. Denn die „Union Populär“ wurde oft mit der „Richtung Jorge Antonio“ identifiziert. Jedenfalls scheinen die Pläne, deren Ausführung Perön seiner dritten Frau übertrug, zu scheitern. Ihr fehlt der Nimbus von „Evita“, der zweiten Frau, und sie ist wohl, trotz der Sympathie, mit der man ihr begegnet, überfordert.

So rätselt man, ob Perön versuchen wird, über Asunciön nach Buenos Aires zu gelangen — oder ob er seine Frau nach Madrid zurückrufen wird. Im ersten Fall riskiert er, den Bürgerkrieg hervorzurufen, im zweiten, die Bewegung auseinanderfallen zu lassen.

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