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Moskau liefert Flugzeuge und Tänzerinnen

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Der Kauf von 36 sowjetischen Überschall-Kampfflugzeugen durch Peru und die freilich nicht störungsfreie Annäherung zwischen Buenos Aires und Moskau zeigen die Bemühungen der Sowjets, wenigstens „Inseln“ auf dem südamerikanischen Kontinent zu beeinflussen. Dabei ist fast überall eine scharfe Unterscheidung zwischen dem innerpolitischen Kampf der lateinamerikanischen Regierungen gegen die eigenen Kommunisten und den außenpolitischen Beziehungen zur Sowjetunion zu beobachten. Ein totaler Bruch besteht nur mit Chile. Es ist bezeichnend für das weltpolitische Spiel, daß dieser Bruch alsbald freundliche Beziehungen zwischen Santiago und Peking herbeiführte. (Chile ist der einzige lateinamerikanische Staat, in dem nach dem Tode von Mao Tse-tung Staatstrauer angeordnet wurde.)

Auf der anderen Seite besteht ein exklusiver Einfluß Moskaus nur in Kuba. Auch während der Präsidentschaft des inzwischen abgesetzten peruanischen Generals Juan Velasco Al-varado konnte man in Peru nur von einem Doppelspiel zwischen West und Ost sprechen. Aber immerhin gab es eine beachtliche militärische Annäherung an den Ostblock. Velasco bekam 250 große Tanks, 500 Panzerwagen für 12 Mann Besatzung und Raketen jeder Art. Peru schloß 1974 einen Vertrag mit der DDR, auf Grund dessen Material geliefert und Ausbüdungshilfe geleistet wurde. Es fehlte nicht an Stimmen, die den erzwungenen Rücktritt des schwer erkrankten Generals Velasco Alvarado gerade auf seine umstrittene Bindung an die östliche Mili-tärhüfe zurückführten. Sein Nachfolger, General Francisco Morales Ber-müdez, entließ schleunigst die kommonistischen Chefredakteure und Gewerkschaftsführer, eine Haltung, die auf einen pro-westlichen Kurs hindeutete. Dazu paßt auch sein kürzliches Treffen mit dem brasilianischen Präsidenten General Ernesto Geisel auf dem Amazonas. Um so erstaunlicher war es auf den ersten Blick, daß das neue Regime die angebahnten Verhandlungen über den Kauf von sowjetischen Uberschall-Kampfflugzeugen im Werte von 250 Millionen Dollar fortsetzte. Das peruanische Außenministerium dementierte zwar die Meldung der Zeitung „La Prensa“ (Lima), daß der Kauf perfekt sei, hob aber hervor, daß Peru die Vereinigten Staaten, England, Frankreich und die Sowjetunion um Angebote ersucht, sie aber nur aus Moskau erhalten habe, Flugzeuge hätten außerdem keine Ideologie - ein Standpunkt, der recht anfechtbar ist; denn kein Staat der Welt wird weit entwickeltes Kriegsgerät an einen potentiellen Feind liefern.

Die vielschichtigen komplizierten Beziehungen zwischen Lateinamerika und der Sowjetunion werden auf wirtschaftlichem und kulturellem Gebiet besonders Argentinien gegenüber akut Der Sekretär für Außenhandel, Dr. Alberto Fragufa, führt seit Anfang November Verhandlungen mit den sozialistischen Ländern. Die Sowjetunion ist der größte Kunde Argentiniens. Sie hat in den ersten sieben Monaten 1976 für 170 Millionen Dollar eingekauft. Die DDR hat eine intensive Handelspropaganda in Buenos Aires begonnen. In den ersten Novembertagen wurde dort sodann die größte Industrieausstellung eröffnet, die von den Sowjets je veranstaltet wurde. Am zweiten Tage verlautete plötzlich, sieben sowjetische Techniker seien mit 48 Stunden Frist ausgewiesen worden.

Da die Russen die Bewegungsfreiheit ausländischer Diplomaten auf einen beschränkten Radius innerhalb der Hauptstadt begrenzen, habe das Bo-naerenser Außenamt ähnliche Bedingungen für die Organisatoren der Ausstellung vereinbart; diese hätten aber Ausflüge in die Umgebung unternommen. Die Wirtschaftsverhandlun-gen drohten zu scheitern. Aber der sowjetische Botschafter besuchte den Außenminister Konteradmiral Cesar Augusto Guzzetti, und plötzlich bestritt man, daß die Ausweisung der Techniker erfolgt sei. So konnten die Abkommen unterzeichnet werden, zu denen auch eines über den Flugverkehr zwischen Buenos Aires und Moskau gehört.

Dieses Wechselspiel von gegenseitiger Anziehung und Abstoßung ist auch auf dem Gebiet des Kulturaustausches zu beobachten. So durfte der sowjetische Geiger Wladimir Spiwa-kow in einem Jahr einreisen, während man ihm im nächsten das Visum verweigerte. Dabei hat man im vorigen Jahr zum ersten Mal im „Teatro Colon“ in Buenos Aires „Boris Godu-now“ auf russisch mit dem Dirigenten, dem Regisseur und den Stars des Bol-schoj-Theaters aufgeführt. Heuer wiederholte die (schon 60jährige) sowjetische Tänzerin Maja Pilisetskaja ihren sensationellen Triumph. Innerhalb von 19 Tagen trat sie zehnmal im „Teatro Colon“ und dreimal im Stadion „Luna Park“ auf. Alle Vorstellungen waren überfüllt; manche Leute stellten sich nachts an, um am Vormittag Karten zu bekommen, die auf dem schwarzen Markt zum dreifachen Preis verkauft wurden.

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