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Wieder Magyare sein

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Weshalb hört man bis jetzt nicht auch aus Budapest und den übrigen Hochschulstudien Ungarns Berichte über Studentendemonstrationen, über Unrast, Aulmärsche der Jugend? Die westliche Sensationspresse hatte 1956 ein solches Bild der jungen Intellektuellen, der Studenten und Jungarbeiter entworfen — daß man jetzt eigentlich darauf gefaßt seien sollte, nicht bloß aus Warschau oder Belgrad und meinies Erachtens Bukarest von Protest und Forderung der jungen akademischen Auislese zu hören.

Wir sind keine Propheten. Mab wird auf jeden Fall in Rechnung stellen müssen, daß der ungarische Nachoktober von 1956 sich auch in das Bewußtsein der heute Sechzehn- bis Sechsundzwanzigjährigen eingeprägt hat. Außerdem lebt diese „westliche“ Jugend, des Ostblocks bereits in einer neuen Ära, in der zweiten und dritten Generation. Die Horthy-Zeit, das Ende des zweiten Welkriegs, die Antifa-Säuberungen und selbst der Terrorismus Räkosis sind für den jüngsten Nachwuchs ebenfalls schon „Geschichte“, fast so entfernt wie der Kampf zwischen Rom und Karthago oder mindestens das legendäre Jahr 1848.

Doch das Gedächtnis an „Wegkehren“ und Niederlagen bewahrt sich in dieser kleinen Nation über viele Geschlechter hinweg. Das war schon nach der unglücklichen Schlacht von Mohäcs, 1526, so. Wie hätte es nach dem 4. November 1956 anders sein können? Wir sprachen mit einem jungen Mann, der 1.956 als Fünfzehnjähriger am Budapester Aufstand beteiligt war und aus einem Abhaltelager in Jugoslawien

— wohin er mit zahlreichen Altersgenossen geflohen war — schließlich nach Österreich abgesehoben wurde, wo er heute als Programmierer arbeitet. Die meisten seiner Kameraden aber lieferten die jugoslawischen Behörden an Ungarn aus

— Revolutionäre mit Kindergesichtern, die noch lange die Angst, das Mißtrauen prägen sollten.

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