"Hildensaga" im Akademietheater: Wie aus Fäden Stricke werden
Im Akademietheater ist „Hildensaga. Ein Königinnendrama“ eine feministische Zuspitzung des blutigen Nibelungenstoffs von Ferdinand Schmalz.
Im Akademietheater ist „Hildensaga. Ein Königinnendrama“ eine feministische Zuspitzung des blutigen Nibelungenstoffs von Ferdinand Schmalz.
Wir leben in Zeiten, die uns eine beträchtliche Ambiguitätstoleranz abverlangen. Wenn das immer so leicht auszuhalten wäre wie an diesem Abend im Akademietheater, wäre das aber auch kein Problem.
Das von den Nibelungenfestspielen in Auftrag gegebene und im Juli dortselbst uraufgeführte Drama grundiert ein düsteres Thema und vermag hier trotzdem zu beglücken. Das liegt nicht nur an dem fein komponierten, wunderbar geschriebenen, manchmal verspielten und klugen Text des österreichischen Wunderdramatikers Ferdinand Schmalz.
Das Leading-Team um Regisseur Jan Bosse und Bühnenbildner Stéphane Laimé sowie das Ensemble tragen dazu bei, dass der im besten Sinne theatrale Abend zu einem fast etwas altmodischen Theatererlebnis wird.
Die beiden Hilden
Wenn da das Thema nicht wäre. Schmalz nämlich fokussiert den Nibelungenstoff auf die beiden Hilden Brünhild (Julia Windischbauer bei ihrem Burg-Debüt) und Kriemhild (Katharina Lorenz) und zeigt, was passiert, wenn diese sich über das erfahrene Leid austauschen und sich verschwistern, anstatt sich zu zerstreiten. Dieser ganz gegenwärtige Ruf nach Frauensolidarität bringt es mit sich, dass das Patriarchat überkommen, die Männer dümmlich und die Helden durchwegs lächerlich wirken, was der männliche Teil des Ensembles an der Schaustellung und gleichzeitigen Dekonstruktion von maskulinen Ritualen mit großer Lust zu performen weiß. Die Kostüme, in die Kathrin Plath das männliche Personal steckt, erinnern stark an Strumpfhosenfilme à la Robin Hood und fügen der beabsichtigten Lächerlichkeit ein Übriges hinzu.
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