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DIPL-ING. EDUARD HARTMANN / NUR EIN BAUERNVERTRETER?

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„Zu Peter und Paul beginnt der Schnitt.“ So sagt eine alte Bauernregel. Der „Schnitt“, der in diesem Jahr in den Tagen um Peter und Paul begonnen wurde und seinen Segen in die Scheunen und Häuser der österreichischen Bauern einbringen wird, ist der positive Abschluß der Beratungen um das seit Jahren heiß umkämpfte Landwirtschaftsgesetz. Als „Schnitter“ stellt sich Eduard Hartmann vor.

Der seit einem Jahre an der Spitze des Lai'äwirtschajtsressorts wirkende Mann verkörpert einen neuen Typ des österreichischen Bauernpolitikers. Das ist nicht mehr der „gestandene“ Mann vom Pflug, der vom Existenzkampf des Bauernstandes ebenso wie aus weltanschaulichen Beweggründen als eine Art „Bauern-Tribun“ in die Arena der Politik getrieben wurde. Diplomingenieur Hartmann dagegen ist der wohl aus ländlichem Milieu stammende und durch seine Laufbahn tagtäglich mit den Sorgen und Nöten des Landvolkes vertraute „Techniker“ und — wenn das Wort erlaubt ist — „Manager“ des Agrar-standes, dem wohl auch in Mitteleuropa die Zukunft gehört.

Und Diplomingenieur Hartmann verkörpert diesen Typ, das darf wohl gesagt werden, in seiner sympathischesten Form: kluges Wissen paart sich mit Lebensnähe. Ein festes Auftreten und ruhige Sachlichkeit kommen hinzu. Gewinnende Umgangsformen, die auf jede falsche „Rustikalität“ souverän verzichten, ergänzen das Bild dieses Politikers.

Eduard Hartmann wurde am 3. September 1904 in Laxenburg bei Wien als Sohn des Wirtschaftsbesitzers und nachmaligen Güterdirektors Hartmann geboren. Schon in früher Jugend mit den Problemen der Landwirtschaft konfrontiert, wandte er ihr schließlich durch sein Studium an der Wiener Hochschule für Bodenkultur sein ungeteiltes Interesse zu. 1927 fand Diplomingenieur Hartmann in der Österreichischen Land- und Forstwirtschaftsgesellschaft ein fruchtbares Betätigungsfeld.

Als im Jahre 1945 der Kriegslärm noch kaum verstummt war, ging Hartmann als einer der ersten daran, den niederösterreichischen Bauern ihre Landwirtschaftskammer wiederaufzubauen und damit ihre berufliche Interessenvertretung zu sichern. Aber nicht nur seine engere Heimat, die Domäne der „Körndlbauern“, weiß von Hartmanns Aufbauarbeit zu berichten. Er wurde noch 1945 in die Steiermark berufen, um auch bei den „Hörndlbauern“ beim Wiederaufbau der Landwirtschaftskammer mitzuwirken. Am 6. Dezember 1946 wurde Diplomingenieur Hartmann als Nachfolger des zum Bundeskanzler bestellten lng. Leopold Figl mit der Leitung der Direktion des Niederösterreichischen Bauernbundes betraut. Durch das Vertrauen der bäuerlichen Bevölkerung wurde Hartmann 1949 als Abgeordneter der Österreichischen Volkspartei ins Parlament gewählt, wo er seither eine vielseitige parlamentarische Tätigkeit entfaltete. Nie betrieb er eine einseitige „Interessenpolitik“, stets sah er Leben und Wirtschaft als Ganzes; neben dem Erzeuger auch den Verbraucher.

Auch den führenden Agrarvertretern des Auslandes war Diplomingenieur Hartmann bereits vor der Übernahme des Ministeriums kein Fremder. Anläßlich der Generalversammlung des Verbandes der europäischen Landwirtschaft, die im Herbst 1958 in Wien stattfand, hat es Diplomingenieur Hartmann verstanden, die Vertreter der Landwirtschaft Europas in einem vielbeachteten Referat mit den Verhältnissen und Erfordernissen der österreichischen Landwirtschaft vertraut zu machen und Verständnis dafür zu erwecken. Weit über die Grenzen Österreichs hinaus haben damals seine Ausführungen Aufmerksamkeit und Beifall gefunden.

Am 16. Juli 1959 wurde Diplomingenieur Eduard Hartmann vom Bundespräsidenten als Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft angelobt. Seither ist ein Jahr vergangen. Ein Jahr unermüdlicher Arbeit, aber auch erfreulicher Erfolge. Und gekrönt werden diese Erfolge nun durch die Verwirklichung des Landwirtschaftsgesetzes. Hartmanns umfassende Fachkenntnisse und seine zähe Verhandlungstaktik waren im Ringen um dieses Gesetz wohl letztlich entscheidend. Er hat damit der österreichischen Landwirtschaft jenes Rüstzeug geschaffat, dessen sie zur Vorbereitung auf den Europamarkt dringendst bedarf, und er hat dadurch maßgeblich dazu beigetragen, den vorwiegend kleinen und mittleren Bauernbetrieben Österreichs den Weg in die Zukunft zu ebnen und zu sichern.

Und die Zukunft? Darüber zu sprechen ist verfrüht — und niemandem unliebsamer als Minister Hartmann. Wir halten jedoch fest, was in diesem Blatt schon mehrmals zu lesen war: Wann immer das Lager, das politisch in der Österreichischen Volkspartei seine gegenwärtige Gestalt gefunden hat, in eine strukturelle oder personelle Krise kam, bot sich der Niederösterreichische Bauernbund als letzte Kaftreserve an. Von hier kam vorgestern Dollfuß und gestern Figl. Man wäre nicht verwundert, wenn in Zukunft in einem solchen Fall dieser Mann denselben Namen trüge wie der gegenwärtige Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft. —nik

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