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Trauert um Hartmann

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In den frühen Vormittagsstunden des vergangenen Freitag wurde die Nachricht bekannt, zu einer Zeit, da in der Bundeshauptstadt in den Büros und Werkstätten längst gearbeitet wurde. Und dann läuteten die Telefone, einer rief den anderen an: „Hast Du gehört?“ Die Nachricht vom Tode des niederösterreichischen Landeshauptmanns Eduard Hartmann löste überall tiefe Trauer aus, eine Trauer, die echt und voll Anteilnahme war. Und der zweite Gedanke, die zweite besorgte Frage, die in den vielen Gesprächen dieses Freitagvormittags auftauchte, war dann unweigerlich diejenige nach dem „nachher“, nach dem, was die Ära Hartmann ablösen werde ...

Dieses „nachher“: was ist es denn anderes als die Sorge, was aus dem Amt nun werden wird, aus einem Amt, das, traditionsbehaftet wie kein zweites, neben der politischen Führung des Landes auch die Führung der Bauernschaft bedeutet — oder bisher bedeutet hat? Auf Reither folgte Steinböck, auf Steinböck Figl, auf Figl Hartmann. Das mußte so sein, das ergab sich wie von selbst. Und morgen?

Das Wort vom guten Klang des „niederösterreiehisch regieren“ wurde kürzlich an dieser Stelle gebraucht, um damit — im guten Sinn

— einen Stil des Regierens zu kennzeichnen, der bereits Tradition geworden ist. Landeshauptmann Hartmann hat diesen Stil, der immer sehr stark persönlich geprägt war, wenn überhaupt, dann anders angewendet als seine Vorgänger Reither, Steinböck und Figl. Aus dem gleichen politischen Lager, dem Bauernbund, kommend wie diese, hat Hartmann es verstanden, seinem Amt im Landhaus jenen etwas patriarchalischen Charakter zu nehmen, der den jeweiligen Landeshauptmann einerseits mit einer Art milder landesväterlicher Gloriole zu umgeben, anderseits die hemdärmelige Politik aus der Gründungs- und Kampfzeit des Bauernbundes nicht selten in unsere Tage zu übertragen schien.

Sicherlich: Nicht zuletzt diese Tradition hat aber den Gutsverwalterssohn aus Laxenburg bestimmt, den Weg, den ihm seine großen Vorgänger gezeigt haben, weiterzugehen, sein Land, das unter den Folgen von Krieg und Besatzung gelitten hatte wie kein anderes Bundesland zu verwalten, in seiner sachlichen, stillen Art, die dem ehemaligen Minister auch nach seinem Ausscheiden aus der Bundespolitik die Achtung und die Sympathie so vieler Österreicher erhalten hat.

Seien wir ehrlich: Der Glaube, daß Politik, saubere Hände und lautere Gesinnung Begriffe sind, die untrennbar zusammengehören, ist hierzulande schon etwas ins Wanken geraten. Nur bei Eduard Hartmann waren sich Freunde und politische Gegner einig, daß er die Verkörperung dieser von „Politikern“ anderen Schlages eher geringschätzig belächelten Tugenden war. Eben deshalb aber geht uns der Verlust so nahe, nicht zuletzt, weil wir immer noch hofften, Eduard Hartmann würde eines Tages wieder andere Aufgaben übernehmen. Diese Überlegungen, die freilich nur ein Spiel in Gedanken waren — versicherte Hartmann doch selbst, sich für alle Zukunft nur noch Niederösterreich widmen zu wollen —, sind jetzt endgültig sinnlos gewordene, leere Konstruktionen. Von „ewig unvergessen“ bis „unersetzlich“ sprechen werden schon die zahlreichen offiziellen Redner an der Bahre. Uns sei nur gestattet, uns still von einem großen Österreicher zu verabschieden. i. '

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