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Ja, es gibt sie noch, die großen, bewegenden Hoffnungsgeschichten. Von einer soll hier die Rede sein.

Da steht ein Journalist im Dezember 1953 in Linz fröstelnd auf der Straße - und wartet auf einen Autobus, Reiseziel Imst. Dort hat ein Medizinstudent mit 600 Schilling Startkapital ein paar Häuser für Kinder gebaut; für elternlose, verlassene, unschuldig in Not geratene Kinder. Der Autobus aus Wien hat mächtig Verspätung und der Journalist möchte eigentlich wieder heimgehen. Zu spät - der Bus ist da. Stunden später blickt der Zeitungsmann in die Augen eines Mannes, der das Elend der Nachkriegskinder nicht erträgt und stur an die "Sensation des Guten" glaubt: Es ist Hermann Gmeiner. "Naiver Spinner" nennen ihn die einen, "pädagogischer Irrläufer" die anderen. Sein Credo: Jedem Kind eine Mutter, Geschwister, ein Haus und ein Dorf.

"Feldzug der Menschlichkeit"

Der Journalist ist fasziniert, fängt Feuer - und gibt seinen Job als stellvertretender Chefredakteur auf. Von immer mehr Österreichern erbettelt er bald je einen Schilling pro Monat für Gmeiners "Feldzug der Menschlichkeit". Mit unglaublicher Erfindungsgabe sammelt er Geld: Lässt etwa Kinder in den Parks von Linz alle Blumen pflücken und verkauft sie. Erkämpft sich in unzähligen Sälen den Weg in die Herzen seiner Zuhörer. Bekniet Firmen und Vereine um Kinder-Patenschaften. Schreibt statt Leitartikeln glutvolle Spendenappelle. Bald schon baut und leitet er in Altmünster (OÖ) das zweite SOS-Kinderdorf Österreichs - und dann in Hinterbrühl bei Wien das bis heute größte Kinderdorf Europas. Es wird zum Schaufenster eines atemberaubenden Siegeszugs, der bald über die Grenzen Österreichs, ja des Kontinents hinwegrollt.

Fast dreißig Jahre lang initiiert und kontrolliert der einstige Zeitungsmann an der Seite seines Leitsterns Hermann Gmeiner als Generalsekretär die Globalisierung von SOS-Kinderdorf: zunächst in Asien, dann in Lateinamerika und schließlich in Afrika. Gemeinsam mit Gmeiner bestürmt er Könige und Präsidenten, Religions- und Revolutionsführer, den Blick doch auf die notleidenden Kinder zu richten; gibt er Frauen in der Dritten Welt als Kinderdorf-Müttern einen neuen sozialen Status; unterwandert er in vielen Ländern die veraltete Jugendfürsorge: Eingliederung in die Geborgenheit statt Ausgliederung in Waisenhäuser; bewegt er viele Millionen - Menschen und Schillinge. Und legt so den Grundstein, auf dem SOS-Kinderdorf zur größten privaten Sozialinitiative der Welt wird: mit heute mehr als 1800 Einrichtungen in 132 Ländern. Und mit einer Ausstrahlung, die für uns Europäer kaum vorstellbar ist.

Unbezwingbarer Optimismus

Längst im Ruhestand, schreibt und erzählt er immer wieder über Gmeiner, die Not der Kinder und die "Revolution des Guten". Verfasst Märchen und Gebetbücher für Menschen unserer Zeit. Sein tiefer christlicher Glaube - in der Begegnung mit dem Elend gestärkt - ist von ansteckender Fröhlichkeit. Sein Optimismus unbezwingbar.

In der Karwoche ist Hansheinz Reinprecht still eingeschlafen. Er war ein österlicher Mensch, ein Urgestein der Nächstenliebe. Vielen war er Freund. Sehr viele trauern um ihn.

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