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E s ist schon wahr, was die vielen Kritiker von US-Präsident Donald Trump nach dem Gipfel mit Nordkoreas Kim Jong-un in den USA behaupten. Dass nämlich wieder einmal die Moral über Bord ging beim Stelldichein in Singapur. Dass die USA da einen mutmaßlichen Mörder und Diktator hofierten, dass ihm Trump die Chance gab, sich vor aller Welt zu präsentieren. Dass die freie Welt einen Kniefall vor der hinterletzten kommunistischen Festung machte, indem der Präsident den Burgherren als "intelligenten" und "talentierten" Führer seines Landes bezeichnete.

Natürlich ist auch zu erwarten, dass der Gipfel von Nordkorea nach allen Regeln der Propaganda ausgeschlachtet werden wird und dass Kim Jong-un fester denn je im Sattel seines geschundenen Landes sitzt. Das ist alles richtig. Vermutlich wäre es auch so, dass Trump von einem katastrophalen Deal gesprochen hätte, wäre ein anderer Präsident als er selbst mit einem solchen Ergebnis nach Hause gekommen: Mit einem dürftigen einseitigen Papier, indem sich Nordkorea zur Abrüstung verpflichtet -wie schon so oft -die USA aber im Gegenzug die Manöver mit ihren Alliierten an der Grenze zu Nordkorea ohne Konsultation einstellen.

Veraltete Manöver

Alle diese Kritikpunkte sind wahr - und trotzdem sehr schwach. Zunächst, weil die Moral nur einer von anderen Bestandteilen von Politik ist, und nicht gerade der wichtigste in der zynischen Vernunft der Weltpolitik. Zweitens, weil die Folgen der US-Zugeständnisse längst nicht so schwerwiegend sind wie dargestellt. Die Militärmanöver können nicht nur jederzeit wieder aufgenommen werden. Sie sind eigentlich schon seit acht Jahren obsolet geworden. Damals wurde Nordkorea zur Atommacht. Und wer würde einen Krieg gegen eine Atommacht führen, immer begleitet von der Gefahr, dass jemand in Pjöngjang den roten Knopf drückt? Niemand, bei allem strategischen Selbstbewusstsein und waffentechnischer Überlegenheit der USA. Wozu also noch für einen konventionellen Krieg üben, zumal in Zeiten ernst gemeinter Friedensbemühungen?

Die Manöverpause ist ein wohlfeiler Preis für den Versuch des Gesprächs mit Kim. Dieses Reden ist auch besser als die versuchte politische Isolierung Nordkoreas, die moralisch gerechtfertigt ist, sich aber seit mehr als 70 Jahren als faktischer Fehlschlag erweist. Nicht nur, dass das Raketenprogramm trotzdem verwirklicht wurde, versorgt Nordkorea auch seit Jahrzehnten andere Regime mit nuklearem Know-how.

Zuletzt soll übrigens der Iran Sprengkopftests in Nordkorea durchgeführt haben. Deshalb kann man es auch so sehen: Je mehr Nordkorea isoliert wird, desto gefährlicher wird die Lage im Nahen Osten. Je eher man Nordkorea aber dazu bewegen kann, nicht die Dunkelmänner des Planeten zu bedienen, desto besser. Und das ist eine echte Chance, die durch den Deal Trumps entstanden ist. Es geht nicht um die Denuklearisierung Nordkoreas. Die wird es nicht geben und Kim wird das nicht zulassen. Es geht aber um die Schließung nuklearer Nachschubwege für Verbrecher, mit denen nicht einmal Donald Trump Freundschaft schließen würde.

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