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Neuer Held für Walhall
„Siegfried” war der bisher eindrucksvollste Abend dieses „Ring”- Zyklus unter Hans Wallat in der Staatsoper. Musikalisch eine routinierte, saubere Leistung (wenn man von etlichen Entgleisungen im Blech absieht); eine Wiedergabe, in der mit intensiver Stimmungsimalerei randvolles Musizieren von manchmal geradezu kammermusikalischen Nuancen dominierte.
Hans Wallat hat sich zwar noch von vielen Hemmnissen „freizudirigieren”, breitangelegte Steigerungen müßten sinnlicher, ekstatischer aufgebaut, die Leidenschaftlichkeit in Wagners Musik wie seine Vorstellung von dunklem Grauen und tiefer Melancholie in den Schattierungen präziser realisiert werden. Das große Erlebnis der Vorstellung vermittelte Karl-Josef Hering als Jung Siegfried, hier nicht so sehr ein Recke, ein Held, denn ein Riesenjunge mit etwas femininen Allüren, der vor der Begegnung mit Brünnhilde absolut echt zuerst Schrecken, Neugier, dann stürmisch aufwallende Begeisterung für sie zu suggerieren versteht. Ein Prachttenor mit leicht nachgedunkeltem Timbre, der sich allmählich alle heroischen Partien Wagners erobern wird. (Auch wenn er einstweilen in schwierigen Szenen als Darsteller noch manches hinzulernen muß.)
Ihm ebenbürtig war Nadezda Kniplova als Brünnhilde, heroisch auftrumpfend, ein voller, leuchtender Sopran, der in den jubelnden Kantilenen der Schlußszene mühelos das Orchester überstrahlt. Otto Wiener, stimmlich ausgezeichnet disponiert, war erneut ein weiser Wotan, der indes mit seinen Qualen und Sehnsüchten eher hinter dem Berg hielt. Solide Leistungen boten Alois Pernerstorfer (Alberich) und Gottlob Frick (Fafner); eine prachtvolle Kammerstudie des bösartigen Mime Peter Klein (schade, daß er stimmlich manche hohe Passage vorwiegend in den Bereich der Deklamation zieht).
Wenig erfreulich klang die Stimme des Waldvogels, Arleen Auger: infolge unpräziser Artikulation haben wir, ehrlich gesagt, kein Wort ihres Parts verstanden. Als Erda entsprach dem langjährigen Durchschnitt Hilde Rössel-Majdan.
Ein Ärgernis war auch diesmal wieder die verrottete Regie, in der von Karajans Konzept nichts mehr zu spüren ist, besondere in der Szene auf dem Brünnhildenstein, wo das ständige Hin- und Herwandern der beiden Sänger, um in den Zuschauerraum zu singen, geradezu lächerlich wirkt.
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