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Brachliegende Charismen

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Charismen sind Gaben — Fähigkeiten —, die der Heilige Geist den Gläubigen schenkt; und zwar allen Getauften, den Laien in ähnlicher Weise wie den Priestern und Ordensleuteni

Werden die Charismen, speziell jene der Laien, heute in der Kirche gebraucht, werden sie in Anspruch genommen, oder liegen sie brach?

Es gibt viele Christen, die nicht den Eindruck haben, daß sie in der Kirche entsprechend ihren Fähigkeiten gebraucht werden. Es gibt zwar viele Aufrufe zur Mitarbeit der Laien in der Kirche, aber die konkreten Angebote unter- oder überfordern die Angesprochenen; beziehen sich doch die meisten auf das innerkirchliche Leben, für das sich viele nicht zuständig fühlen.

Es gibt zwei Formen von Charismen. Es gibt Gaben, die mehr dem inneren Aufbau der Kirche dienen, dem . Dienst am Glauben in der Gemeinde, der Feier einer lebendigen Liturgie, der Verwirklichung eines lebendigen Gemeindelebens; wie auch der Hauskirche und der christlichen Familie.

Es gibt aber auch Charismen, die primär die Sendung der Kirche nach außen betreffen, die befähigen, mitzuwirken, daß auch in den weltlichen Bereichen das Reich Gottes kommt, daß die Armen und Benachteiligten zu ihrem Recht kommen, daß im öffentlichen, politischen, wirtschaftlichen, kulturellen Leben eine Atmosphäre herrscht, in der Wahrheit, Gerechtigkeit, Liebe wie auch Glaube sich entfalten können.

Diese Charismen braucht die Kirche ebenso dringend wie jene zum inneren Aufbau der christlichen Gemeinden.

Die Kirche braucht deii Arbeiter, den Lehrer, den Arzt, den Journalisten, den Politiker, den Künstler, der sich in seinem Beruf als Christ verhält, in gleicher Weise wie den Laien, der bei der Ehevorbereitung mit-' wirkt oder der mitsorgt, daß es christlich lebendige Gruppen gibt.

Aber nicht jeder kann alles. Oft aber wird vom einzelnen das erwartet, was er nicht kann, und das geringgeschätzt, was er könnte.

Gibt es in der gegenwärtigen Kirche genug Raum für die verschiedenen Charismen? Werden nicht bestimmte bevorzugt und andere diskriminiert? Dagegen hat schon der Apostel Paulus protestiert: ,JDas Auge kann nicht zur Hand sagen: Ich bin nicht auf dich angewiesen. Der Kopf kann nicht zu den Füßen sagen: Ich brauche euch nicht“ (1 Kor 1221). Selbst die kirchliche Autorität hat nicht das Recht, bestimmte Charismen zu unterdrücken. Sie darf nur ihre Echtheit prüfen.

Die Kirche ist auch heute viel reicher, als es den Anschein hat. Würden alle Charismen geachtet und gefördert, würden sich auch viel mehr Christen gebraucht fühlen.

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