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Der Kqfferpacker der Kaiserin Eugénie

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Dunkles Grün ist die Farbe der neuen Herrenserie von Louis Vuitton. Das Unternehmen setzt heuer erstmals auf den Mann.

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Dunkles Grün ist die Farbe der neuen Herrenserie von Louis Vuitton. Das Unternehmen setzt heuer erstmals auf den Mann.

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Männer werden im Modebereich noch immer oft stiefmütterlich behandelt. Obwohl in den letzten Jahren farbenprächtige Stoffe und mehr Mut zum Extravaganten in der Herrenmode forciert wird, sind die Frauen nach wie vor die großen Lieblinge der Modeschöpfer und Designer. Vor allem schöne Taschen und Accessoires sind zumeist den Frauen vorbehalten.

So setzt das traditionelle Unternehmen Louis Vuitton in diesem Herbst auf den Mann. Die neue Herrenserie „Taiga", in dezentem dunklen Grün gehalten, soll den Geschäftsmann der neunziger Jahre auf seinen Reisen begleiten. Von der Reisetasche über Büroaccessoires bis hin zum Portemonnaie können Handelsreisende ausgestattet werden.

Perfekte Reiseaustattung ist seit 1854 die Philosophie des Unternehmens. Der gelernte Koffermacher und persönliche Kofferpacker von Kaiserin Eugenie, der Gattin Napoleons III., produzierte die ersten Kof-

fer mit flachen Deckeln. Die Nachfolger der pompösen Reisetruhen vereinfachten den Transport in Eisenbahnwaggons und in Laderäumen von Hochseedampfern, da sie leicht übereinandergestapelt werden konnten.

Rald fand diese simpel anmutende und doch bedeutend praktische Neuheit eine Reihe von Nachahmern. Um die Imitationswut mancher Konkurrenten einzudämmen, ließ Georges Vuitton, der Sohn des „Koffer-Erfinders", das bekannte Monogramm LV im Andenken an seinen Vater 1896 patentieren.

Doch ist es bis heute nicht gelungen, den Fälschern das Handwerk zu legen, obwohl hauseigene Detektive unterwegs sind, diese Rechtswidrigkeiten aufzudecken.

Doch nur das klar ersichtliche Monogramm kann abgekupfert wer-

den, denn die Produktionsvorgänge sind streng geheim. Erstklassige Materialien, heißt es, werden zur Erzeugung verwendet und auch heute noch, wie vor 139 Jahren, händisch verarbeitet.

Die Monogramm-Serie wird hauptsächlich aus Raumwolle mit PVC-Reschichtung gefertigt. Die Riemen und Verbrämungen sind nach Geheimrezept naturgegerbtes Rindsleder. Die 1986 kreierte EpiLinie wird chemisch gegerbt, an-

schließend geprägt, gefärbt, geglänzt und imprägniert. Alle Produkte sind mit KalbsTeder gefüttert. Messing glänzt von den Schlössern und Ecken des Hartgepäcks, dessen Grundstruktur aus handgeklebtem und handgenageltem Pappelholz gefertigt wird. Die Verschlüsse der Taschen und Accessoires sind gar 23karätig vergoldet.

Franz Schulz, Taschnermeister und Geschäftsbesitzer in der Wiener Innenstadt, kann die Qualität der Materialien bestätigen, jedoch zweifelt er die Handarbeit an. Die Gepäckstücke der frühen LV-Zeit würden sich, seiner Meinung nach, von den neuen Erzeugnissen sehr wohl in der handwerklichen Qualität unterscheiden.

Den Grund der Exklusivität der seiner Meinung nach weit überzahlten Ware sieht der Taschner in der perfekten und in dieser Sparte nahezu einzigartigen Werbung.

Doch nur Werbung dürfte es doch nicht sein. „Wunderbar" ist die Antwort einer langjährigen Kundin von Louis Vuitton auf die Frage, was sie von der Qualität der Produkte hält. Ihre Handtasche habe sie sicherlich bereits zehn bis zwölf Jahre. „Diese Taschen halten länger als alle ande-

ren. Sie sind nicht umzubringen." Sollte die Tasche trotzdem kaputt gehen, würde sie sich sofort wieder eine kaufen. Auch mit der Kundenbetreuung ist sie sehr zufrieden, denn der Zipp mußte erneuert werden. Die Reparatur wurde von der Firma sachgemäß durchgeführt.

Erhältlich sind die Erzeugnisse ausschließlich in den firmeneigenen Geschäften, die auf der ganzen Welt in ihrer Innenausstattung ident sind. Und die Anzahl ist beachtlich: 168 Geschäfte auf der ganzen Welt. Davon 47 alleine in Europa. Der Rest teilt sich auf Amerika, Japan und Asien auf. In Österreich ist das Haus Louis Vuitton derzeit mit drei Geschäften in Wien, Salzburg und seit vorigem Jahr auch in Kitzbühel vertreten.

Patrick Louis Vuitton, der das Unternehmen in fünfter Generation leitet, beschäftigt 3.181 Mitarbeiter. In elf Produktionsstätten werden die berühmten Lederwaren erzeugt. Das gesamte Verkaufspersonal wird in Paris geschult. Dafür errichtete man ein eigenes „Übungsgeschäft", das von der Ausstattung den realen Geschäften gleicht. Im Rahmen der einwöchigen Ausbildung wird sogar die Geschichte des Hauses gelehrt.

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