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Dollars für die KPI?

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Der auf die 86.000 Dollar hin angesprochene Funktionär der KPI-Zen-trale war sehr kurz angebunden: „Es ist alles Lug und Trug und von den ,New York Times' frei erfunden“, meinte er. Statt einen Einwand zu entkräften, verwies er auf die Unitä, das Sprachrohr der KPI, das der heißen Angelegenheit nur ein paar Zeilen am Rande widmete, die ebensowenig zu überzeugen vermochten. In Ermangelung sicherer Angaben von hüben und drüben des großen Teiches muß man versuchen, verschiedene Gewißheiten miteinander in Einklang zu bringen.

Daß die amerikanische Erdölgesellschaft Exxon den italienischen Parteien zwischen 1963 und 1972 viel Geld, 46 bis 49 Millionen Dollar, zukommen ließ, ist ein alter Hut. 1973 gelangten die dunklen Machenschaften ans Tageslicht. Die italienischen Parteizentralen verteidigten sich mit dem Hinweis, daß die Mitgliederbeiträge keineswegs ausreichten, um die laufenden Spesen oder gar die beträchtlichen Kosten eines Wahlfeldzuges bestreiten zu können. Auch in anderen Ländern seien es die Erdölgesellschaften, die nachhelfen. Nur durch die staatliche Finanzierung der Parteien könne dem Übel solcher Unterstützungen von privater und ausländischer Seite, nachträglich dann als Druckmittel gebraucht, abgeholfen werden. Derart wurde der Skandal in Italien zum Anlaß genommen, um das sogenannte „Piccoli“-Gesetz zur Finanzierung italienischer Parteien durch den Staat zu verabschieden.

Daß jetzt von der bedeutenden amerikanischen Zeitung behauptet wird, auch die KPI sei in den Genuß jener Exxon-Gelder gekommen, stellt zweifellos einen Spätzünder der Affäre dar. Bereits vor zwei Jahi-en gehörten die entrichteten Bestechungsgelder zu den Dingen, die alle wußten und die niemand beweisen konnte. Die KPI-Zentrale behauptete zwar schon damals, sie habe, zum Unterschied von andern Parteisekretariaten, keine solche Unterstützung erhalten. Die Art, wie sie die Angelegenheit in Abrede stellte, überzeugte hingegen früher so wenig wie heute. Die Genossen geben ja nicht einmal zu, Gelder von der Sowjetunion zu erhalten. Niemand vermochte je der KPI das Gegenteil zu beweisen, und doch kann sich jedermann an den Fingern abzählen, was es kosten muß, den bestens funktionierenden und weitverzweigten KPI-Apparat mit allem Zubehör — Presseorgane, Bibliotheken, Versammlungslokale in jeder Ortschaft mit über 2000 Einwohnern — in Gang zu halten.

Mister Morrows Trost: Demokratie lebt auch von der Opposition. Sind der KPI-Zentrale in den betreffenden neun Jahren 86.000 Dollar zugeflossen, so machen sie jedenfalls im Vergleich zu dem, was die ..indem italienischen Parteien erhalten haben, mehr als 46 Millionen Dollar, nur einen Pappenstiel aus. Exxon-Delegierter Morrow erklärte, die Gelder seien ausgegeben worden, „um den Fortschritt der Demokratie in Italien zu gewährleisten“, so kann er damit die Unterstützung der KPI wenigstens indirekt rechtfertigen. Zu einer gut funktionierenden Demokratie gehört eine wirksame Opposition. Seit Kriegsende übten die italienischen Kommunisten zweifellos eine sehr wirksame Opposition in Italien aus. Unter dem Eindruck des Wahlausganges vom 15. Juni befürchten allerdings gewisse Amerikaner, daß die Tage der KPI-Opposition gezählt sind und alles, was die Genossen noch an der Machtergreifung hindern könnte, in Szene gesetzt werden müsse, also auch diese Meldung über der KPI-Zentrale zugeflossene Gelder.

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