Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Die Zange der KPI
Drei Gründe und ein Fragezeichen: Beteiligung am 23. Internationalen Historikerkongreß, verbesserter Start für die Präsidentschaftswahlen, Dank für indirekte Unterstützung „seines“ Regierungskurses. Seit ihrer Bekanntgabe stand die Reise des italienischen Senatspräsidenten Fanfani nach Moskau, wenige Tage nach Außenminister Scheels und Bundeskanzler Brandts Abschluß und feierlicher Unterzeichnung des Gewaltverzichtsvertrages, im Mittelpunkt des politischen Interesses in Italien — soweit die Hitze überhaupt noch ein anderes Interesse als das eigene Wohlbefinden aufkommen ließ!
Es gilt als offenes Geheimnis, daß Fanfani demnächst die Nachfolge Guiseppe Saragats antreten möchte. Wie bereits Saragat vor sechs Jahren, kann Fanfani nur mit kommunistischer Unterstützung Staatsprädisident werden. Durch seine Vorschläge zur gesetzlichen Einschränkung des Streikrechtes hat sich der Senatspräident aber vor Monaten die Sympathien der KPI verscherzt. In Rom verstärkte sich die Überzeugung, die kommunistische Partei Italiens werde im Dezember 1971 ihre entscheidenden Stimmen Moro, nicht Fanfani zukommen lassen. Nur etwas Besonderes könnte da Fanfanis Einzug in den Quirinal sicherstellen. Führt der Weg in den alten Palast der Päpste und Könige am Ende über Moskau?
Allerdings können bei dieser umstrittenen Reise noch andersartige, weniger persönliche Gründe eine ausschlaggebende Rolle gespielt haben. Daß Colombos Kabinett als erste Regierung links von der Mitte ohne Kampfansage der KPI, sogar mit ihrer indirekten Unterstützung, gebildet wurde, stellt bekanntlich das Novum der italienischen Politik dar. Ob diese Schwenkung der KPI auf einen Wink aus Moskau zurückgeht, ist fraglich, obwohl sie in der gleichen Richtung wie die Anerkennung der Grenzen durch die Bundesrepublik liegt: der Kreml mag es vorziehen, die KPI in Rom in der Opposition statt an der Macht zu sehen, und zwar nicht zuletzt deshalb, weil die italienischen Kommunisten in Italien eine besondere Nationalkommunistische Volksdemokratie ä la Jugoslawien errichten könnten, die Breschnew wahrlich nicht in den Kram passen würde.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!