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Moskaus „Trojanisches Pferd“ in der KPI
Politisch interessierte Italiener fragen sich nach den jüngsten Ereignissen, ob das beste Argument der Eurokommunisten noch aufrechterhalten werden kann: Bekanntlich war die KPI von Kriegsende bis Mai 1947 Regierungspartei und ist nachher vom christdemokratischen Ministerpräsidenten Alcide De Gasperi in die Opposition abgedrängt worden. Wenn 30 Jahre später hartgesottene Antikom-munisten behaupten, die KPI-Macht-beteiligung sei eine Einbahnstraße und die Kommunisten würden sich, einmal mit Ministern in der Regierung, nicht mehr ausmanövrieren beziehungsweise abwählen lassen, konnten die italienischen Kommunisten bisher immer wieder einwenden: „Mitnichten! Wir haben schon einmal die Spielregeln der parlamentarischen Demokratie beachtet und werden es deshalb erneut und immer wieder tun.“
Ambrosio Doninos sensationelle Enthüllungen über die Hintergründe der KPI-Ausmanövrierung durch De Gasperi werfen einen Schatten auf das „Schon-einmal-und-immer-wieder-eurokommunistisch-demokratische-Verhalten“ der italienischen Kommunisten. Dieser Vertreter der altstalini-stischen Garde will binnen eines Jahres die Tagebücher des früheren stellvertretenden KPI-Chefs Pietro Sec-chia veröffentlichen. Auf testamentarischen Wunsch hin hatte Secchia (bis 1954 die Nummer zwei der KPI) die entsprechenden Dossiers nicht im Hauptsitz der KPI an der Straße der dunklen Geschäfte in Rom versorgt, sondern dem linksengagierten Mailänder „Feltrinelli-Verlag“ anver-straut.
Diesen Tagebüchern zufolge befand sich Secchia im Dezember 1947 - sieben Monate nach De Gasperis „Staatsstreich“ - bei Stalin im Kreml, um KPI-Chef Togliatti beim „Roten Papst“ großer Unzulänglichkeiten zu bezichtigen. Statt kurzer Hand die Macht zu ergreifen, wie es die tschechoslowakischen Genossen ein halbes Jahr zuvor in Prag getan hatten, habe Togliatti zu sehr auf die Volksfrontallianz mit den Sozialisten gesetzt und gehofft, bei den ersten Nachkriegswahlen vom 18. April 1948 den Sieg auf dem Weg des Stimmzettels erringen zu können. Stattdessen sei Togliatti damals endgültig von De Gasperi in die Wüste geschickt worden.
Die Enthüllungen über die KPI-Ge-schichte vor 30 Jahren sind von höchster Aktualität, weil sich die Frage stellt, ob Enrico Berlinguer in den Fußstapfen Togliattis statt Secchias wandelt, und die Democrazia Cristiana in einer politisch ähnlichen Lage ihren großen Widersacher auf der Unken Seite überspielt, wie es De Gasperi 1947/48 gelungen ist. Die in Italien immer noch nicht ausgestorbenen Stalinisten vom Schlag Doninos und Secchias bedauern dies und bezwecken mit ihren Offenbarungen aus der Zeit der letzten vierziger Jahre die Durchsetzung eines harten Kurses innerhalb der KPI, vielleicht sogar die Absetzung des weichen Eurokommunisten Berlinguer und die Thronbesteigung durch einen „harten“, etwa A. Cossuta.
Merkwürdigerweise hat ein prominenter KPI-Sprecher, G. Pajetta, Doninos Enthüllungen in Abrede gestellt. Ob der kommunistische Abgeordnete dies noch tun kann, nachdem Secchias Tagebücher in vollem Umfang veröffentlicht sein werden, muß erst noch abgewartet werden. So oder so ist das Dementi aus der Straße der dunklen Geschäfte sehr sonderbar - oder aber symptomatisch. Denn das Wohlverhalten der KPI vor 30 Jahren gäbe ja gerade ein ausgezeichnetes Argument zur Beruhigung der immer noch nicht von der Güte des Eurokommunismus überzeugten Gemüter ab. Oder wollen sich die Genossen jetzt nicht mehr nach den demokratischen Spielregeln verhalten?
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