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Auf den Leim gegangen

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Vier Tage lang stand Bologna, die Hauptstadt der Region Emilia-Romagna, im Zeichen des Linkskommunismus. Im prächtig ausgestatteten Kongreßpalast versammelten sich die Genossen, die links von der KPI stehen, um auf ihrem ersten Kongreß eine neue Linkspartei zu gründen, die alle Gegner des vom KPI-Chef Berlinguer vorgeschlagenen „historischen Kompromisses“ umfassen soll.

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Vier Tage lang stand Bologna, die Hauptstadt der Region Emilia-Romagna, im Zeichen des Linkskommunismus. Im prächtig ausgestatteten Kongreßpalast versammelten sich die Genossen, die links von der KPI stehen, um auf ihrem ersten Kongreß eine neue Linkspartei zu gründen, die alle Gegner des vom KPI-Chef Berlinguer vorgeschlagenen „historischen Kompromisses“ umfassen soll.

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Die Linkskommunisten werfen Berlinguer das Paktieren mit der Democrazia Cristiana vor, während es doch gelte, die christdemokratische Partei, das Bürgertum und dessen Wirtschaftsordnung mit ihrer „einseitigen Interessenswahrung“ auf die Knie zu zwingen. Kommt es zu vorzeitigen Wahlen, so wird sich die neue Bewegung mit der schönen Bezeichnung „Partei der proletarischen Einheit“ daran beteiligen, aber lediglich mit dem Ziel, daß „alle Linkskräfte — und nur sie — die Geschicke des Landes fortan bestimmen sollen“. Soweit die seit Jahrzehnten bestehenden „etablierten Linksparteien“, also vor allem Sozialdemokraten, aber auch Linkssozialisten und neuerdings auch die KPI, von der Macht korrumpiert seien, gelte es, „dieses Übel auszumerzen“. Symptomatisch hiefür das vor Eröffnung der Nachmittagssitzung im Kongreßsaal angestimmte Lied „Weg mit der Nenni- und Priesterregierung!“. In diesen Kreisen ist der greise Sozialistenführer der Inbegriff des „Verräters am wahren Anliegen der Arbeiter“. Mit der Übernahme der Regierungsverantwortung durch die Christdemokraten vor 13 Jahren sei Nenni „dem Establishment auf den Leim gegangen“. Jetzt fühlen die linken Linken sich berufen, zu verhüten, daß dasselbe mit der KPI unter Berlinguers Führung geschehe.

Spätestens nach dem Versagen des „Historischen Kompromisses“ wird nach Ansicht der in Bologna versammelten Linkskommunisten — sollte der Schulterschluß der KPI mit der DC gar nicht Zustandekom-

men oder ebenso wenig wie die halbe Linksöffnung durchgreifende Sozialreformen bringen — die

Stunde der „Partei der proletarischen Arbeit“ schlagen. Dann werde die „PdUP“ nicht nur, wie am 15. Juni 1975, eine halbe, sondern viele Millionen Stimmen gewinnen. „All die abermals übertölpelten und benachteiligten Italiener werden sich dann auch noch an der KPI rächen“, erklärte einer der 411 Delegierten voller Zuversicht.

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