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IST ÖSTERREICH KATHOLISCH?
Zweimal im Jahr, an einem Sonntag in der Fastenzeit und im Herbst, werden in Oesterreich durch das Seelsorgeinstitut die Gottesdienstbesucher gezählt. Das ergab für 1957 rund zwei Millionen, das ist 32,9 Prozent der Getauften im Durchschnitt, in Innsbruck noch 51,5 Prozent in Wien nur noch 23,1 Prozent. Daß auch die nichtpraktizierenden Katholiken noch mit einem Fädchen an der Kirche hängen, zeigen die überraschenden Zahlen über die Trauungen, Taufen und Beerdigungen. 83,5 Prozent der katholisch Getauften heiraten kirchlich, 96,1 Prozent der in ganz Oesterreich Geborenen werden katholisch getauft — obwohl nur 89,9 Prozent der Bevölkerung Katholiken sind! Das beweist, daß ein großer Teil der Nichtchristen und sogar Ungläubigen in Oesterreich ihre Kinder katholisch taufen läßt! Auch in den Religionsunterricht schicken die Oesterreicher ihre Kinder zu 98 bis 99 Prozent, obwohl den Kindern aus dem Nichtbesuch kein Nachteil erwächst. Von den Verstorbenen des Jahres 1957 wurden schließlich 97 Prozent kirchlich beerdigt.
Die Konversionen sind weniger zahlreich: 1951 gab es noch 1800, 1957 nur noch 1304; Reversionen 1951: 5317, 1957: 4120. Der religiöse Auftrieb durch die Kriegserschütterungen scheint beendet. Haushoch über diesen Zahlen liegen bedauerlicherweise die Austritte: 8935, gegenüber allerdings 13.402 im Jahre 1951.
Der Priestermangel ist immer noch empfindlich. 1957 gab es 156 Priesterweihen, 1951: 149. Die Zahl der in der Seelsorge tätigen Priester sank zwischen 1951 und 1957 von 438-2 auf 4252. Betrug die Verhältniszahl des Pfarrklerus zur Katholikenzahl 1951 noch 1:1390, so stieg sie 1957 auf 1:1480. Nach Diözesen ergibt sich allerdings ein recht uneinheitliches Bild. Auf einen Pfarrseelsorger entfallen in der Diözese Innsbruck 970 Gläubige, in der Diözese Wien 2018.
Auch diese kritischen Zahlen aber erweisen die erfreuliche Tatsache, daß Oesterreich bei allen ungelösten Problemen der Binnenmission immer nöoh einigut katholisches Land ist' Die wachsende Kinderfreüiiglcei't ;hat.\ ogar ein leichtes Ansteigen des katholischen - Bevölkerungsanteiles von 89,0 Prozent im Jahre 1951 auf 89,9 Prozent im Jahre 1957 ausgelöst. Bliebe nur noch zu wünschen, daß davon möglichst viele Katholiken — auch Katholiken werden.
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