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Die Herde wird kleiner

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Zur Besorgnis gibt die - von der FURCHE durch eine Rundfrage in den Diözesen ermittelte -Bilanz der Austritte 1992 aus der römisch-katholischen Kirche (siehe Kasten) Anlaß.

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Zur Besorgnis gibt die - von der FURCHE durch eine Rundfrage in den Diözesen ermittelte -Bilanz der Austritte 1992 aus der römisch-katholischen Kirche (siehe Kasten) Anlaß.

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Um etwa acht Prozent (von 34.791 auf rund 37.600) ist im Jahr 1992 die Zahl der Austritte aus der katholischen Kirche gegenüber der Zahl von

1991 gestiegen, was die höchste Steigerung seit 1982 bedeutet. Zudem wurde die bisher höchste jährliche Austrittszahl von 37.427 (1989) übertroffen. Das sind Zahlen, die bei den Verantwortlichen die Alarmglocken läuten lassen müßten.

Daß die FURCHE keine komplette Tabelle vorlegen kann, beruht auf der Schweigsamkeit der Diözese St. Pölten über ihre Austrittszahlen. Nach den der FURCHE aus den Städten und Bezirken dieser Diözese vorliegenden Zahlen sind dort im Jahr 1992 an die 2.100 Katholiken (was einer Steigerung von fast 35 Prozent entspräche) aus ihrer Kirche ausgetreten. Lag St. Pölten bisher, auf die Zahl der Katholiken bezogen, hinter Eisenstadt (zwölf Austritte auf 10.000 Katholiken) an zweiter Stelle (1991: 25 Austritte auf 10.000 Katholiken), so dürfte bei diesem relativen Wert

1992 erstmals Innsbruck besser als das westliche Niederösterreich abgeschnitten haben.

Gerade die nun meistbetroffene Diözese Graz hat in den Jahren 1991 und 1992 schon durch systematisches Anschreiben der Austretenden versucht, deren Motive zu ergründen. Fazit bei einem relativ beachtlichen Rücklauf von 22 Prozent: Die Gründe bleiben trotz unterschiedlicher Zahlen im wesentlichen gleich.

Als Hauptmotive für den Austritt (es war die Angabe mehrerer Gründe möglich) zeichneten sich ab: für an die 60 Prozent die Höhe des Kirchenbeitrages (für 13 Prozent spielte der überhaupt keine Rolle) und für 35 Prozent „Vorgänge in der Kirche, die mich stören” (Kirche und Geld, Kirche und Sexualität, Autoritäts- und Frauenfrage, bestimmte Amtsträger). Daß sich die Kirche zu viel in die Politik einmenge oder zu ausländerfreundlich sei, bemängelten nur rund zwei Prozent.

Dagegen meinten 26 Prozent, sie brauchten keine Kirche, um zu glauben, und betonten 25 Prozent, sie wollten weiter Christ sein.

Die Aussagen, man könne nicht an Gott oder Jesus glauben oder habe schlechte Erfahrungen mit der Kirche gemacht (viele machen mit ihr gar keine Erfahrungen mehr), gehen eher zurück.

Nach Auskunft aus Graz ist das Gros der verlorenen Schafe noch jung - 20 bis 30 Jahre alt. Nach bisherigen Erfahrungen kehrt ein Viertel davon später (etwa wenn ein Patenamt übernommen werden soll oder die eigenen Kinder vor Sakramenten stehen) wieder in den Schoß der Kirche zurück.

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