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Ernste Lage in Frankreich

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Die Niederlande scheinen also nun an einem Wendepunkt angekommen zu sein. Nach dem konstanten Anstieg der Weihezahlen von 60 in den Jahren 1883 bis 1861 auf 391 in der Zeit von 1930 bis 1943 haben sich die Zahlen konstant vermindert und sind nun mit 279 im Jahre 1962/63 symptomatisch. Dieser Rückgang der Priesterberufe ist um so auffallender. als die katholische Bevölkerung in den Jahren 1930 bis 1963 um mehr als 1,000.000 gestiegen ist.

Auch in Belgien ist der Rückgang der Priesterberufe eindeutig ein Phänomen der letzten Jahre und verdeutlicht sich am besten bei den exklusiven Missionsorden. Die Statistiken zeigen, daß in der Zeit von 1950 bis 1955 2280 Priester geweiht wurden. In den Jahren 1955 bis

1960 ist die Zahl auf 1957 zurückgegangen. Aus der Zahl der in den Seminarien lebenden Studenten kann mit großer Genauigkeit geschlossen werden, daß in den Jahren bis 1970 die Zahl der Priester um weitere 15 Prozent fallen wird.

Am verzweifelndsten ist die Lage in Frankreich. Die Krise ist dort schon seit der Jahrhundertwende latent. Vor allem tragen die antiklerikale Politik und die kirchenfeindliche Einstellung des offenen Landes große Schuld daran.

Die Zahlen der Priesterberufe stiegen um 1918 und kurz nach Beginn des zweiten Weltkrieges ein wenig an, fielen aber in den letzten 15 Jahren rapid. Der Rückgang ist so groß, daß sich Frankreich einer Katastrophe gegenübersieht, wie sie seit der Französischen Revolution nicht mehr vorgekommen ist. So fielen die Priesterweihen in den Jahren 1951 bis 1960 von 1028 auf rund 600 pro Jahr. Man erwartet einen weiteren Rückgang auf 500 Neupriester. Die Sterbeziffer der französischen Geistlichkeit in derselben Periode liegt ungefähr bei 2000. Hieraus ergibt sich eine überaus starke Überalterung des Klerus, der allerdings erst nach 1970 in seiner ganzen Schwere zu spüren sein wird.

Auch Deutschland hat mit einer Überalterung der Kleriker zu kämpfen. Vor dem Weltkrieg wurden in Deutschland noch durchschnittlich 624 Priester geweiht. Der Krieg brachte naturgemäß einen starken Rückgang mit sich, der' im Jahre 1945 mit nur 26 Priesterweihen seinen Tiefpunkt erreicht hatte. Zwischen 1956 und 1959 betrug die durchschnittliche Anzahl der Priesterweihen 505. Seither geht die Zahl wieder zurück.

Glückliches Irland!

Eine Ausnahmestellung in der allgemeinen Tendenz Westeuropas nimmt Irland ein. Mit ungefähr 3,000.000 Einwohnern stellt dieses Land mehr als 10.000 Priester. UDOT"von ihnen sind m'der SeeisöfgS des Heimatlandes, 5000 ih der Seelsorge in englischsprechenden Missionsgebieten beziehungsweise in Großbritannien tätig. Die steigende Tendenz der Priesterzahlen dauert noch immer an. Im Jahre 1957 wurden 352 Priester geweiht, 1958 504, ein Jahr später 396, im Jahre 1960 435. Man versichert, daß diese günstige Tendenz auch in Zukunft an- halten wird.

In Großbritannien mit ungefähr 7,100.000 Katholiken von einer Gesamtbevölkerung von rund 50,000.000 zählt „Pro mundi vita“ rund 5000 Weltpriester und 2860 Ordenspriester. Die durchschnittliche Weihezahl der letzten zehn Jahre liegt bei 125. Das bedeutet, daß England zu einem großen Teil auf die Hilfe irischer Priester angewiesen ist.

Die romanischen Länder

In Italien ist aus dem spärlich vorhandenen Zahlenmaterial nur zu ersehen, daß der Klerus im letzten Jahrhundert um ungefähr 33 Prozent abgenommen hat. In den Jahren 1952 bis 1956 ging zum Beispiel die Zahl der Priesterweihen von 805 auf 652 zurück.

Auffallend ist die geringe Zahl von Austritten in den großen Seminaren. Allerdings wird der Prozentsatz von Priestern, die sich nach der Weihe von ihrem Beruf abfeeh- ren, als sehr groß angenommen. Unterlagen sind in keiner Weise greifbar, aber von unterrichteten Personen wird der Prozentsatz der Priester, die ihren Beruf nicht mehr ausüben auf 10 bis 20 Prozent geschätzt.

Der blutarme Katholizismus von Portugal drängt dieses Land auf den letzten Platz in ganz Westeuropa- Auf einen Priester in der Seelsorge kommen rund 1550 Katholiken. Der Prozentsatz der praktizierenden Katholiken ist sehr niedrig. In einigen Diözesen 5 bis 8 Prozent. Die durchschnittliche Zahl der Priesterweihen der letzten zehn Jahre beträgt 135. Wenige der Studenten in den Seminarien erreichen die Weihe, zum Beispiel nur 13 Prozent der Studenten aus den kleinen Seminarien. Als Grund für diese bedenkliche Lage nimmt man eine nicht richtig orientierte Priestererziehung an, die die Studenten in den Seminarien in völliger Weltfremdheit erzieht.

Das Nachbarland Spanien besitzt seit zweieinhalb Jahrhunderten rund 65.000 Priester, die sich nach dem Schematismus von 1962 in 35.000 Diözesanpriester, 20.000 Regularpriester und rund 10.000 Missionspriester aufteilen. Auch in Spanien ist ein, allerdings nur geringer, Rückgang der Priesterberufe zu verzeichnen. Die Zahl der Seminaristen steigt zwar an, aber auch die Aus-

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