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Fast 300 „Gastarbeiter im Talar"

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Ausländische Priester einsetzen -so lautete einer der Vorschläge zum Thema Priestermangel auf dem Wiener Diözesanforum. Wie viele ausländische Priester gibt es derzeit in Österreich?

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Ausländische Priester einsetzen -so lautete einer der Vorschläge zum Thema Priestermangel auf dem Wiener Diözesanforum. Wie viele ausländische Priester gibt es derzeit in Österreich?

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1990 wies Österreich 2.798 Diöze-san- und 1.960 Ordenspriester auf. Die Frage nach der Zahl ausländischer Priester in Österreich ist kaum zu beantworten. Die diözesanen Schematismen weisen zwar Weltpriester aus anderen Diözesen aus, aber darunter fällt auch jeder Österreicher, der außerhalb seiner Stammdiözese lebt und arbeitet.

1990 gab es in Österreich insgesamt 278 solche Priester, am meisten in Wien (89), gefolgt von Innsbruck (34), Linz (32) und St. Pölten (26). „Wer ist ein Ausländer?" fragt da der Wiener Generalvikar Rudolf Trpin mit Hinweis darauf, daß viele im Ausland geborene Priester (wobei das Ausland Südtirol wie Amerika, die Philippinen wie die Niederlande umfaßt) längst in österreichische Diözesen inkardiniert wurden, zum Beispiel nach 1956 viele Ungarn und in den letzten Jahren viele Polen. Schätzungsweise dürfte es 200 bis 240 noch nicht in den Personalstand österreichischer Diözesen aufgenommene Priester aus dem Ausland geben.

Benedikt Cierzniak, Pfarrer in Wien-Altlerchenfeld und seit 21 Jahren in Österreich, hat am 24. November ein Treffen polnischer Priester in Österreich organisiert. Er schätzt, daß etwa 200 polnische Priester derzeit in Österreich ihren Dienst versehen, etwa die Hälfte davon auf dem Gebiet der Erzdiözese Wien (offiziell 1990: 89 Weltpriester aus anderen Diözesen). Die Mehrheit davon sei bereits in österreichischen Diözesen (neben Wien vor allem Linz und St. Pölten)

inkardiniert. Dabei gelte es zwischen Weltpriestern, deren Zahl ziemlich konstant bleibe, und den Ordensgeistlichen, wo aufgrund des Nachwuchsmangels einzelner Orden ein gewisser Zustrom anhalte, zu unterscheiden. Cierzniak nennt hier vor allem die Pallottiner und die Herz-Jesu-Missionare.

Nicht jeder wird genommen Die meisten polnischen Priester wollen in Österreich bleiben, meint Cierzniak, der nicht verhehlt, daß es manchmal Probleme gibt. Die Priester müssen sich umstellen, denn zum Beispiel ist eine enge Zusammenarbeit mit den Laien in Polen noch nicht so üblich wie hierzulande. Für die Einschulung ausländischer Priester auf österreichische pastorale Erfordernisse wird nach Meinung Cierz-niaks noch zu wenig getan.

„Wenn ausländische Priester jung zu uns kommen, geht es fast immer gut", meint der Linzer Generalvikar Josef Ahammer, „denn da erlernen sie noch leichter die Sprache und den pastoralen Stil, bei Pensionisten ist es meist schwieriger." In der Diözese Linz sind von etwa 40 Ausländem drei Viertel Polen, davon ist erst eine Handvoll in Linz inkardiniert. Ahammer sieht Probleme in erster Linie darin, daß eine „nachgehende Seelsorge" in Polen kaum bekannt ist und daß sich manche Priester mit Laien schwer tun.

Im Innsbrucker Diözesandienst sind die 20 aktiven Ausländer in erste Linie Deutsche, berichtet Generalvikar Klaus Egger, auch zwei Polen arbeiten gut mit. „Wir prüfen sehr genau, ehe wir jemanden nehmen", sagt Egger unisono mit seinem Wiener Kollegen Trpin.

Nicht jeder, der nach Österreich kommen will, bekommt demnach eine Chance. Außerdem ist auch in Polen der Priesternachwuchs rückläufig, weshalb die dortigen Bischöfe nicht mehr so gerne wie früher Priester ziehen lassen.

In der Diözese Graz gibt es laut Bischof Johann Weber „keine zehn" Weltpriester, aber etwas mehr Ordensgeistliche, vornehmlich aus Jugoslawien, aus dem Ausland. Hier erprobt man mehr das Modell von Priesterteams für mehrere Gemeinden. In der Steiermark gibt es bezogen auf die Katholikenzahl die wenigsten Priester. 92 von 400 Pfarren haben keinen eigenen Priester mehr am Ort. In diesen 23 Prozent der Gemeinden leben aber nur acht Prozent der Katholiken.

Die ausländischen Priester helfen die Probleme zu mildem, als Dauerlösung werden sie, so sehr man ihre Arbeit - ob als Pfarr- oder Krankenseelsorger oder als Theologen an den Fakultäten - schätzt, von den Verantwortlichen nicht betrachtet.

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