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Eine mißglückte Sendung

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Ich finde diese Sendung nur unsachlich, tendenziös und enttäuschend. So salopp kann man in zehn Minuten ein solches Problem nicht abtun. Warum hat man nicht den Mut gehabt, auch Priester zu Wort kommen zu lassen, die Gründe für den Zölibat anführen? Sie wären ja Vertreter des weitaus größten Teils der Priester gewesen. Es wurden nur Menschen gezeigt, die an diesem Problem zu scheitern scheinen. Wieso kann man von einem Zwang zum Zölibat sprechen? Mit demselben Recht kann man auch vom Zwang 2ur unauflöslichen Ehe reden. Woher wird die Zahl von 60.000 ausgetretenen Priestern genommen? Ich habe

selbst vom Archivar der zuständigen römischen Kongregation erfahren, daß in Italien nicht 15.000 Priester, wie behauptet wird, sondern 7000 Priester am Zölibat gescheitert sind. Gewiß ist auch dies eine erischreckend große Anzahl. In meiner zehnjährigen Amtszeit als Bisohof habe ich 188 Priester geweiht. Davon haben nur drei ihr Amt verlassen. Gewiß können auch Priester versagen. Die Kirche wird dafür menschliches Verständnis aufbringen und ihnen in ihrer schwierigen Situation beistehen.

Diözesanbischof DR. FRANZ ZAK St. Pölten

*

Ich bin durchaus einverstanden, wenn das Fernsehen ein solches Thema aufgreift. Aber es sollte nicht nur einseitig dargestellt werden. Diese einseitige Darstellung halte ich für eine große Schwäche. Der Fernseher hat das Recht, ein Problem von allen Seiten kennenzulernen. Es traten nur Priester auf, die nur eine Seite des Problems aufzeigten, hingegen fehlten Priester, denen der Zölibat einen persönlichen Wert darstellt und eine große Hilfe bei der Ausübung ihres Berufes. Der zölibatäre Priester ist kein halber, sondern ein normaler, froher und erfüllter Mensch.

Diözesanbischof DR. STEFAN LÄSZLÖ Eisenstadt

Grundsätzlich ist gegen eine Erörterung des ZöHbaitproblems im Fernsehen nichts einzuwenden. Wohl aber muß man stich dagegen verwehren, daß es in dieser einseitigen Art dargestellt wird. Man häitte vom östemeriohischen Fernsehen erwarten können, daß es sich, wenn es einen solchen Beiitoag bringt, um die tatsächlichen Verhältnisse in Österreich erkundigt In Österreich hat nämlich nicht jeder siebente Priester, Wie in der Sendung behauptet wird, sondern von den letzten zehn Weihe Jahrgängen nur jeder 50. sein pniesterliches Amt niedergelegt In Österreich halben nahezu alle ausgeschiedenen Priester, wenn sie sich darum bemüht haben, wieder ihren sakramentalen Frieden mit der Kirche gefunden.

Prälat FRANZ STEINER Regens des Wiener Priesterseminars *

Es war eine einseitige Sendung. Man hat nur die Nachteile des Zölibats geschildert Man hat weder einen Bischof noch einen Seminair-regeinis gefragt. Es wurde kein Priester gezeigt, der den Zölibat bejaht Mit keiner Silbe wurden auch die wirklichen Gründe für die Beibehaltung des Zölibats erwähnt Auch dort, wo es keinen Zölibat gibt, ist der Priesternachwuchs nicht größer, die religiöse Situation eher schlechter als besser.

Prälat DR. E. SCHWARZKOPF Regens des Linzer Priesterseminars *

Man kann nur staunen, wie vorurteilslos die „Horizon/te“ die Zahl von 60.000 Priestern übernommen haben, die angeblich wegen des Zölibats den Priesterrock ausgezogen haben. Diese Zahl ist maßlos übertrieben. Solche unbewiesenen Behauptungen stiften nur unnötig Verwirrung.

Es wäre zu untersuchen, ob diese Sendung mit siteirischen Kaplänen schon vor der Zölibatsenzyklika aufgenommen worden ist und der Text der Enzyklika nachträglich dazugegeben worden ist. Es ist bekannt, daß diese Sendung mit steirischen Kaplänen schon vor der Zölibaits-enzyklika im Deutschen Fernsehen zu sehen war. Ich könnte mir denken, daß die steirischen Kapläne nach der Enzyklika für diese Sendung sich nicht hergegeben hätten.

Superior

RICHARD WAGNER, OMJ.

Steyr

★

Daß die Ehelosigkeit der Priester der katholischen Kirche, die nie gänzlich unwidersprochen war, in den letzten Jahren wieder stark diskutiert wird, ist längst kein Geheimnis mehr.

Dr. Brantl — verantwortlich für diese Sendung — wärta sicher guit

beraten gewesen, wenn er zu diesem Thema einen eigenen österreichischen Beitrag gebracht hätte. Es wäre ihm dann erspart geblieben, einige Behauptungen aufzustellen, die für Österreich einfach nicht stimmen: Es stimmt nicht, zumindest nicht für Österreich, daß in den letztem Jahren ein Siebentel aller Priester ihren Beruf aufgaben und heirateten. Es stimmt auch nicht daß diese nur standesamtlich hätten heiraten können und daß dann ihre Frauen exkommuniziert seien. Das ist längst vorbei. In der Steiermark gibt es jedenfalls keinen einzigen ehemaligen Priester, der um die Erlaubnis zur kirchlichen Eheschließung angesucht hätte, und der sie noch nicht erhalten hätte. Von Exkommunikation kann also keine Rede mehr sein. Es soll freilich auch nicht verschwiegen werden, daß nicht in allen österreichischen Diözesen die Dinge so stehen.

Wann ich auch überzeugt bin, daß es in Österreich weit über 200 Prie-

ster gibt, die die momentane Rege lung für diskutabel halten, so kann ich mir nicht vonstellen, daß auch nur annähernd so viele sich der Argumentationisweise dieser Sendung anschließen würden.

So sehr es also zu bedauern ist daß dieser „HarJzonte“-Beitrag ein wichtiges und brennend aktuelles Thema auf so unzulängliche Weise behandelte, so sehr es auch zu be dauern ist, daß uns die Meinung einiger — die zu äußern jedem freisteht — als die offizielle Meinung einer gar nicht existierenden Organisation hingeBtellit wurde, so sehr wäre es erst recht zu bedauern würden durch diese Sendung etwa Maßnahmen der kirchlichen Obrigkeit provoziert.

Die Zeit, in der man sich zu die ser Frage nur anonym äußern konnte und sich die aufgestauten Probleme in unfruchtbarem Grübeln und Selbstbemitleiden im kiel nen Kreis Luft machen mußten, sollte vorbei sein. Diese Lehre kann man wohl aus der mißglückten Fernsehisendung ziehen.

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