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Eine Klarstellung

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Vorerst sei betont, daß es ernstlich bezweifelt werden muß, ob eine Diskussion über die Zölibatfrage in dieser Form vor aller Öffentlichkeit wirklich fruchtbar sein könnte. Denn schließlich geht die Sache doch nur den Klerus soweit etwas an, und seelsorglich gesehen werden wir damit bei den guten Gläubigen, die den Zölibat des Priesters nach wie vor zu schätzen wissen, an Ansehen nur verlieren, das liberale Volk durch solche Lockerungsabsichten aber gewiß nicht gewinnen, da eine Verweltlichung des Klerus noch niemals weltverbessernd gewirkt hat. Die Verfasser betonen zwar, daß die Behandlung auch der Zölibatsfrage im Lichte der neueren theologischen Forschungen, insbesondere der Moralfragen zu verstehen sei, was an sich gewiß begrüßenswert erscheint. Aber man möchte doch nicht übersehen, daß bei diesen Bestrebungen noch sehr vieles in Fluß sich befindet.

So muß der Zölibat eben auch zuerst von der ontologischen Seite her gesehen werden, und von diesem Standpunkt aus werden sich dann auch die moralischen, anthropologischen Seiten des Problems richtig beurteilen lassen, vor allem aber wird man der Haltung der Kirche Verständnis entgegenbringen können, wenn sie den „Priester der Gemeinde gegenüber tatsächlich in der Funktion des Bräutigaips“ sieht. Uhd w”erih “für dft Haltung der Kirche ein ausdrücklicher Befehl Christi gefordert wird, da die „Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen“ kein Befehl, sondern ein Rat Christi ist, so möge man bedenken, ob nicht das Beispiel Christi und das der Apostel, die alles verließen, Grund genug sei, diesen zu folgen? Und wenn die Kirche ihre Auffassung auch in ihrem Rechtsbuch verankert hat, so hat das nur den Vorteil der Einheitlichkeit, denn ein Durcheinander könnte in diesem Falle für die Wirksamkeit der Kirche nur schädlich sein.

Übrigens sind die im Rechtsbuch aufgezählten Voraussetzungen zur Zölibatspflicht, die im Artikel bemängelt werden, äußerst rationell formuliert und dem geforderten Ideal angepaßt, und werden bei entsprechenden Erziehungsmaßnahmen in den Priesterausbildungsinstituten ihre Wirkung nicht verfehlen. Was dagegen im Aufsatz geltend gemacht wird, kommt schon von einer Einstellung, die diesen Standpunkt nicht mehr versteht, und wenn durch Publikationen, wie die gegenwärtige, solches Gedankengut den Priester-

kandidaten eingeimpft wird, dann darf man sich nicht wundern, wenn Schwierigkeiten auftauchen, von denen soviel Aufsehen gemacht wird. Daß aber „in den seltensten Fällen der Zölibat von den Priesterkandidaten als Ideal gewählt wird“, ist wohl eine Behauptung, die durch nichts bewiesen ist, und überhaupt gewiß nicht zutrifft.

Reichlich übertrieben ist es auch, wenn man das bisherige Bild vom Priestertum als „heidnisch-archaisch-magisch-mythisch“ (und was nicht sonst noch alles) sieht und meint, daß wegen der „weltentrückten, pessimistischen und negativen Auffassung vom Priestertum" so wenig Mittelschüler dem geistlichen Berufe zustreben, als ob nicht auch genug andere Gründe, wie die materialistische Weltauffassung, das zerrüttete Familienleben und anderes mehr vorlägen. Übrigens dürfte so manche „Primizpredigt“, von welchen hier nur im verächtlichen Sinne gesprochen wird, in der Vergangenheit mehr für die Gewinnung und Festigung von geistlichen Berufen beigetragen haben als heutzutage die pathetischen Erklärungen von sol chen, bei denen „in den Fragen der priesterlichen Existenz diese anthropologische (gemeint ist psychologische) Sicht der Problematik“ die Hauptsache zu sein scheint. Denn wenn man den Priestertumskandidaten gegenüber immer nur von der „Problematik“ des Priestertums spricht, dann freilich können diese nur mit einem Trauma oder einem Komplex behaftet ihre Wirksamkeit im Weinberg des Herrn beginnen, wenn sie nicht schon gerade deshalb vorher das Weite gesucht haben.

Daß es tatsächlich später manche Versager gibt, kann man aber doch nicht dem Ideal in die Schuhe schieben, auch nicht den kirchlichen Stellen, die „das Problem zwar richtig erkannt haben, aber völlig hilflos davor stehen, oder — was noch schlimmer ist — sich hinter dem Wall des Gesetzbuches verbarrikadieren.“

So kann man die Zölibatsfrage getrost noch im traditionellen Sinne auffassen und den Zölibat ausdrücklich bejahen, zumal, wie erwähnt wind, ja auch andere christliche Kirchen sich auf denselben besinnen und in einzelnen Fällen tatsächlich beobachten.

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