6884901-1979_23_08.jpg
Digital In Arbeit

Es gab nie eine „priesterlose“ Kirche

19451960198020002020

In der FURCHE vom 23. Mai hat Pfarrer Helmut Blasche von Schwechat die These vertreten, er persönlich habe sich seinerzeit „mit großer Freude“ für den Zölibat entschieden, wünsche aber, die katholische Kirche solle die Koppelung von Priesterberuf und Zölibat aufgeben. Wenn aber Papst und Bischofsmehrheit nun am Zölibat festhalten wollen, dann könne sich darin freilich auch „das Wirken des Heiligen Geistes zeigen“, der möglicherweise eine priesterlose oder priesterarme Kirche mit allen Konsequenzen bewirken wolle. Dazu trafen bei der FURCHE mehrere beachtenswerte Stellungnahmen ein.

19451960198020002020

In der FURCHE vom 23. Mai hat Pfarrer Helmut Blasche von Schwechat die These vertreten, er persönlich habe sich seinerzeit „mit großer Freude“ für den Zölibat entschieden, wünsche aber, die katholische Kirche solle die Koppelung von Priesterberuf und Zölibat aufgeben. Wenn aber Papst und Bischofsmehrheit nun am Zölibat festhalten wollen, dann könne sich darin freilich auch „das Wirken des Heiligen Geistes zeigen“, der möglicherweise eine priesterlose oder priesterarme Kirche mit allen Konsequenzen bewirken wolle. Dazu trafen bei der FURCHE mehrere beachtenswerte Stellungnahmen ein.

Werbung
Werbung
Werbung

Die Ausführung von Pfarrer Blasche in seinen Gedanken zum Priesterzölibat in der Kirche mit dem Titel „Das Positive in der priesterlosen Kirche“ kann ich nicht unwidersprochen lassen.

Mit welchem Recht spricht Pfarrer Blasche von der „priesterlosen Kirche“? Es hat keine priesterlose Kirche je gegeben und wird sie nicht geben, solange sie noch Kirche Jesu Christi sein will. Gewiß ist es berechtigt, von „Priestermangel“ zu sprechen, wenn wir die derzeitige historisch gewordene Pfarrstruktur in Österreich beibehalten wollen. Der bisherige „Priesterüberschuß“ hat es uns noch möglich gemacht, kleinste und kleine Pfarreien mit 300 bis 1000 Gläubigen zu „besetzen“.

Wenn immer wieder behauptet wird, jede Gemeinde habe ein Recht auf einen Priester, dann möge mir einmal nachgewiesen werden, woher dieses Recht bedingungslos hergeleitet wird und ab welcher Größe eine Gemeinde dieses „Recht“ in Anspruch nehmen darf - ob schon ab 300 oder 500 oder 1000 oder erst ab 2000 Mitgliedern?

In der Diözese St. Pölten wirken zur Zeit rund 490 aktive Priester. Vor 20 Jahren waren es noch rund 550 Priester. Kann man eine Diözese mit 490 aktiven Priestern eine „priesterlose“ Diözese nennen? Warum diese verwirrende und unruhestiftende Schwarzmalerei? Und sollte Österreich oder Mittel- und Westeuropa in Zukunft tatsächlich so glaubensschwach werden und an akutem Priestermangel leiden, wer könnte deswegen behaupten, die Kirche sei eine „priesterlose“ Kirche geworden? Ist die Kirche in Österreich, in Mittel- und Westeuropa etwa die katholische Kirche?

Mit welchem Recht und mit welcher theologischen Begründung behauptet Pfarrer Blasche, daß „in einer priesterarmen katholischen Kirche bald auch andere als die geweihten Amtspriester der Eucharistiefeier vorstehen werden, da die geschilderten Zustände ja nicht lange tragbar sind“?

Er beruft sich auf ungenannte „Theologen“, die von einer „Noteucharistie“ sprechen. Nur frage ich mich, ob sie auch immer die Heilige Schrift und die „doctrina sana“ der Kirche ernst genug nehmen. Es geht nicht darum, sich eine „Wunschkirche auszumalen, sondern darum, daß die Kirche „Kirche Jesu Christ“ bleibt.

Johannes Paul II. unterschieben zu wollen, daß er vielleicht „unfreiwillig und unbewußt mit 450jähriger Verspätung die Reformation in der katholischen Kirche nachholt“, kann doch wohl nur eine bedauerliche Entgleisung genannt werden. Hat nicht gerade in der Gegenreformation die katholische Kirche trotz Abfall vieler vom katholischen Glauben, trotz größter Priestemot, trotz weitgehender Mißachtung des Zölibates an der Ehelosigkeit der Priester festgehalten und in einer großartigen Erneuerungsbewegung eine neue Blütezeit religiösen Lebens herbeiführt?

Nach Pfarrer Blasche kann sich „eine priesterlose oder priesterarme Kirche“ auf die ökumenischen Bemühungen positiv auswirken, weil es ihm anscheinend keine Schwierigkeiten machen würde, auf die „apostolische Sukzession“ zu verzichten. Preisgabe von Unaufgebba-rem macht unglaubwürdig und kann nicht als „positiv“, sondern nur als „Demontage“ gewertet werden. Welchen Nutzen die ökumenische Bewegung daraus ziehen könnte, bleibt mir ein Rätsel.

Woher nimmt Pfarrer Blasche die Sicherheit, zu behaupten, „daß die Kirche eines Tages es als ihre Pflicht erkennen wird, jeder Gemeinde ihren Priester zu geben, egal ob er nun ehelos oder verheiratet, ob er männlich oder weiblich ist, ob er sein Amt haupt- oder nebenamtlich ausübt“?

So einfach kann man theologische Fragestellungen nicht „erledigen“. Ein Blick in die Kirchen- und Theologiegeschichte müßte Pfarrer Blasche doch belehren, daß man mit solchen Urteilen vorsichtiger und etwas zurückhaltender sein sollte, wobei mir die Frage nach den „viri probati“, also die Zulassung in der Ehe bewährter Männer zur Priesterweihe, einer ernsten Prüfung wert erscheint.

Pfarrer Blasche zitiert das schöne Wort Johannes Paul IL: „Gefragt ist letztlich von den Menschen immer nur jener Priester, der sich seines Priestertums im vollen Sinn bewußt ist: der tiefgläubige Priester, der mutig seinen Glauben bekennt, der eifrig betet, mit Uberzeugung in der Lehre unterrichtet, der dient und in seinem Leben das Programm der Seligpreisungen verwirklicht, der selbstlos zu lieben weiß und allen nahe ist, besonders denen, die sich am meisten in einer Not befinden.“

Mit welchem Recht unterschlägt er andere ebenso wesentliche Aussagen des Heiligen Vaters und erklärt einfach: „alles andere ist sekundär“. Ist es wirklich sekundär, wenn der Papst die Ehelosigkeit um des Reiches Gottes Willen als besondere Gnadengabe hervorhebt, an der die Kirche festzuhalten entschlossen ist, weil sie damit zugleich ihren Glauben an ihren Meister bekennt und ihm ihr Vertrauen bezeugt, „der ja auch der Herr der Ernte“ und „der Spender der Gnadengabe“ ist?

Ist es sekundär, wenn der Heilige Vater fortfährt: „Wir dürfen diesen Glauben und diese Zuversicht nicht unsererseits durch menschliche Bedenken und durch unsere Kleingläubigkeit schwächen?“

Menschliche Bedenken und Kleingläubigkeit aber haben die Kirche noch niemals aus einer Krise herausgeführt. „Glaube und Zuversicht“ sind nichts „Sekundäres“, sondern erste und notwendige Voraussetzung.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung