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Zeuge des Evangeliums

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Das Problem ist gar nicht so einfach. Ist der Priester, so wie er lebt, wirklich der geeignetste Zeuge des Evangeliums, vermittelt sein Tun und Lassen in wirklich dem Leben angepaßter Form dem Menschen, und zumal dem Armen, die Gnade Christi? Den Menschen, nicht nur den bereits katholischen, auch denen außerhalb der Kirche, auch den Menschen ohne Glauben, oder ist der Priester durch Mauern des Herkommens und all dessen, was er seinem Stand uns nach alter Sitte schuldig ist, eingeschlossen auf einen relativ kleinen und immer kleiner werdenden Kreis der Frommen? In seinem Wirken beschränkt? Sicher, die evangelischen Räte werden vom Priester in besonders ausgeprägter Form gelebt werden müssen. Aber muß dies nach Art von Mönchen geschehen oder nicht viel mehr vom direkten Dienst am Volk Gottes bestimmt werden.

Des Priesters Armut müßte in erster Linie, da er Diener der Gaben Gottes ist, des Wortes und der Sakramente, die ihm nicht gehören und die ihm für andere gegeben wurden, darin bestehen, in größter Selbstlosigkeit an keinen bestimmten Formen, weder alten noch neuen, in der Seelsorge zu hängen, weil sie leichter oder bequemer, gewohnt oder interessant sind, sondern sich einzig von den Bedürfnissen der Menschen, für die er unmittelbar da ist, leiten lassen. Sein Gehorsam bedeutet in reicherem Ausmaß als beim Mönch unmittelbares Hinhören auf die Ereignisse des täglichen Lebens in seiner Gemeinde, denn durch die Ereignisse spricht Gott mit ihm. Aber nur ein helles Ohr fühlt das Wehen des Heiligen Geistes, und eine tiefe Erkenntnis des Geistes der Heiligen Schrift wird ihn befähigen, diese Stimme Gottes auch zu vernehmen.

Bischof — Pfarrer — Kaplan

Hier öffnet sich die Frage des Verhältnisses zum Bischof. Selbstverständlich muß sich der Priester den Weisungen des Bischofs willig fügen. Aber auch umgekehrt soll der Bischof den Rat seiner Priester suchen und ernst nehmen. Er muß ihm auch einen Spielraum für eigene Initiative lassen. Der Bischof muß dies und auch der Pfarrer gegenüber seinen Kaplänen. Hier war es der amerikanische Bischof Leven, der für die Kapläne und Vikare ein warmes Wort einlegte. Er berief sich auf ein in Amerika übliches Wort, das sagt, ein Kaplan habe nur ein einziges Recht, das Recht auf ein christliches Begräbnis. Oft werden die jungen Geistlichen wie unreife Jungen behandelt, und Pfarrer können sie erst werden, wenn die Vollkraft und der Schwung ihres Lebens schon hinter ihnen liegt. So könnte man, sagt Leven, von einem eigentlichen Trauma, einer Wunde bei den Kaplänen, sprechen. Und dennoch besäßen die jungen Geistlichen oft ein besonderes Charisma, eine besondere Gabe Gottes, die sie für Aufgaben befähigt, die ohne sie einfach ungetan bleiben. Damit habe ich nur einige der Themen genannt, die hier zur Sprache gekommen sind. Man sieht, der Spannungsbogen, Rückkehr zu den Quellen und zugleich doch volles Ernstnehmen der heutigen Zeit, ist äußerst fruchtbar.

Er vermag wirklich an allen Punkten die Kirche zu erneuern.

Noch an einem anderen Beispiel will ich das kurz aufzeigen. Es handelt sich lim einen Her fünf Texte.

die am 28. Oktober in feierlicher Sitzung verabschiedet werden: die Erneuerung des Ordenslebens. Statt das Schema im einzelnen darzulegen, was mühsam und schwerfällig wäre, will ich mich an einen Vortrag des schon genannten Msgr. Butler halten über diese Richtlinien. Zu einer Zeit, sagt der Abt von Downside, da die ganze Kirche daran ist, ihr Aggior-namento zu verwirklichen, indem sie sich selbst erneuert, müssen auch die religiösen Institute ihre Verhältnisse in Betracht ziehen und eine kühle Selbstkritik üben. Denn auch sie tendieren dazu, von der Trägheit angesteckt zu werden und hinter der Zeit nachzuhinken. Eine Erneuerung also durch den Rückgriff auf die großen Gründer.

Um die Frage der Heiligsprechung

Ich finde es sehr beglückend, daß immer die gleiche Grundmelodie, die bereits in den ersten drei Sessionen angeklungen war, nun in der vierten tatsächlich alle Texte in verschiedenster Abwandlung durchklingt und trägt. Es war das der Grundgedanke des Papstes Johannes, und deshalb ist es kein Zufall, daß sein Nachfolger den 28. Oktober, den Jahrestag des Wahl Roncallis zum Papst, für die feierliche Sitzung bestimmt hat, in der nun so viele Konzilstexte verabschiedet werden, auch der Judentext, der ihm so sehr am Herzen lag. Es gibt manche, im stillen und auch nicht nur im stillen ein Papstwort erwartende Menschen, daß die Heiligsprechung des Papstes Johannes oder, wie die Kreise um Lercaro und seinen Weihbischof Betazzi sagen, seines vorgelebten Stiles einer angepaßten Ausübung des päpstlichen Amtes durch Akklamation ohne Prozeß erwarten.

Ich weiß nicht, ob Paul VI. dem entsprechen wird, obwohl er sicher seinen Vorgänger hoch verehrt. Aber es fragt sich, ob eine solche, aus sehr anderen Jahrhunderten stammende Art der Heiligsprechung der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entspricht. Ein den Katholiken sehr nahestehender Beobachter sagte mir jedenfalls ganz spontan: „Oh, tut das doch nicht. Ich gehe jetzt jede Woche an das Grab des Papstes Johannes. Wenn ihr ihn heiligsprecht, kann ich nie mehr hinuntergehen, dann habt ihr ihn uns und ihm selbst entfremdet. Auf eine unangepaßte Weise den Papst der Anpassung ehren zu wollen? Ich weiß nicht, ob das richtig wäre.“

(Aus einem Konzilskommentar des österreichischen Rundfunks.)

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