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„Gemeinde sucht Priester"

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Das ist (noch) kein Zeitungsinserat, sondern ein Hilferuf von immer mehr Pfarrgemeinden.

Am Fronleichnamstag habe ich in einer 260-Seelenpfarre im nördlichen Niederösterreich ausgeholfen. Der zuständige Pfarrer hat drei Pfarren zu betreuen, zusätzlich mehrere Gottesdienststätten. In zwei Pfarren feierte er die Liturgie mit Prozession, für die dritte Pfarre mußte man einen Aushilfspriester suchen.

Die Gemeinde war vollzählig vertreten: Erstkommunionkinder, viele Ministranten, Jugend mit Fahnen, eigene Musikkapelle, Feuerwehr, alt und jung, die kleinsten noch im Kinderwagen. Bei strahlendem Wetter zogen wir durch den ganzen Ort, eine eigenartige Weihe lag darüber. Danach blieben fast alle noch bei einer Agape beisammen. Wäre kein Priester gekommen, hätte ein beauftragter Kommunionspender daran gedacht, einen Wortgottesdienst zu halten und selbst die Eucharistie durch die Straßen zu tragen. Solch mutige Einfälle sind zu bewundern. Allein der Sinn des Festes ist kaum getroffen, wenn zum Gedächtnis des letzten Abendmahles dieses nicht gehalten, sondern nur früher konsekrierte Hostien verehrt werden.

Ein solcher Notfall wird ständig häufiger. Wohl zählt die Verpflichtung zur Mitfeier einer Sonntagsmesse schwer, die Gelegenheit dazu kann aber nicht mehr immer geboten werden. Wie kommt man aus dem Dilemma?

1. Die Gläubigen aus der Kleingemeinde gehen in die größere Nachbargemeinde. Das werden aber längst nicht alle tun (können). Vor allem aber zerfällt die kleine Gemeinde dann ganz, der Sonntag ist schier „verödet".

2. Wir hoffen, daß es wieder mehr Priester gibt. In Wien werden heuer nur drei geweiht, zwei Österreicher und ein Pole. Das gibt wenig Hoffnung.

3. Wir laden noch mehr ausländische Priester ein. Den einzelnen, die schon bei uns wirken, sei Dank gesagt. Aber endgültige Lösung kann das nicht sein. Zu groß sind oft die Unterschiede in der Mentalität, im Priesterbild, in der Seelsorgepraxis.

4. Bleibt also zu prüfen, ob nicht die Voraussetzungen zur Zulassung zum Priesteramt verändert werden könnten oder sogar müßten. Immer mehr in der Weltkirche, oft auch schon Bischöfe, mahnen dazu. Was daran rein kirchlichen Rechtes ist, kann ja geändert werden, müßte es sogar, wenn höhere Werte auf dem Spiele stehen.

Wenn Eucharistie „das Heilsgut der Kirche in seiner ganzen Fülle" enthält, „Quelle und Höhepunkt der Evangelisation" und „des ganzen christlichen Lebens" ist, und das „eigentliche Wesen der Kirche" ausdrückt, wie das Konzil sagt, dann darf man sie einer Gemeinde, soll sie Vollgestalt annehmen, nicht vorenthalten.

Noch suchen Gemeinden selbst nach einem Priester. Müßten das aber nicht die Hirten kraft ihrer Verantwortung schon für sie tun?

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