Kirchenaustritt - © APA / Roland Schlager

Kirchenstatistik 2020/21: Ausfall der rituellen Begleitung

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Die Zahl der Kirchenaustritte nahm 2021 stark zu. In wenigen Jahren wird weniger als die Hälfte der Bevölkerung Österreichs noch katholisch sein.

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Die Zahl der Kirchenaustritte nahm 2021 stark zu. In wenigen Jahren wird weniger als die Hälfte der Bevölkerung Österreichs noch katholisch sein.

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Man erinnert sich noch an den Anfang der Pandemie, als viel von „Systemrelevanz“ die Rede war. Die Kirchen waren da meist nicht dabei, wenn danach gefragt wurde, was für das Aufrechterhalten von Staat und Gesellschaft notwendig sei. Nimmt man die vor wenigen Tagen veröffentlichte katholische Kirchenstatistik, so lässt sich der Befund auch mit den dort zutage tretenden Zahlen untermauern: 72.000 Menschen verließen im Vorjahr die katholische Kirche – eine Zahl, die um 22,7 Prozent über den Austrittszahlen von 2020 liegt. Somit ­machen die 4,83 Millionen Katho­lik(inn)en im Lande gerade noch 54 Prozent der Gesamtbevölkerung aus.

Es ist somit nur mehr eine Frage weniger Jahre, bis sich weniger als die Hälfte der Österreicher(innen) zur katholischen Kirche bekennt. Ein Vergleich zeigt das Drama der Entwicklungen. Noch 2012 waren 64 Prozent im Land katholisch – ein Rückgang von zehn Prozent in nur neun Jahren!

Dramatischer Priesterrückgang

Neben den Katholikenzahlen wurden ausführlichere statistische Daten für das Jahr 2020 veröffentlicht. Demnach gibt es österreichweit 3548 Priester (2011 waren es noch 4035) – in neun Jahren gab es ein Achtel weniger Priester. Bei den Ordensfrauen ist das noch dramatischer: Die 2020 ermittelten 3088 Schwestern im Land bedeuten eine Abnahme um mehr als ein Viertel seit 2012. Die starken Rückgänge bei Priestern und Ordensfrauen rühren auch aus der Struktur des Alters, das sehr hoch ist. Von daher ist damit zu rechnen, dass die Abnahme in den nächsten Jahren noch dramatischer ausfällt als bei den Austrittszahlen.

In der kirchlichen Statistik werden auch die Daten zu Sakramenten und Seelsorge angeführt. Auch dabei sind eklatante Rückgänge zu verzeichnen. Während 2019 noch fast 45.000 Taufen ermittelt wurden, lag deren Zahl 2020 nur bei etwas mehr als 32.500. Trauungen gingen auf knapp 3600 zurück gegenüber mehr als 9800 anno 2019. Ähnliche Tendenzen zeigen sich bei den Erstkommunionen: 37.200 im Vorjahr gegenüber 48.400 im Jahr 2019, bei den Firmungen gingen die Zahlen von 42.900 (2019) auf 26.600 (2020) zurück. Nur bei kirchlichen Begräbnissen – 52.600 – gab es einen Zuwachs von 3300 gegenüber 2019.

All diese Zahlen sind natürlich im Licht der Pandemie zu beurteilen, in der viele kirchliche Feiern nur eingeschränkt möglich waren. Ob sich die starken Einbrüche in den kommenden Jahren wieder auf den „normalen“ Rückgang vor der Pandemie einpendeln werden, vermag heute niemand zu sagen. Die Daten über den Gottesdienstbesuch, die nur an einem Zählsonntag im Februar 2020 ermittelt werden konnten – 400.000 Gläubige sind da in die Kirchen gekommen –, sind wegen der Zugangsbeschränkungen zu den Gottesdiensten am wenigsten aussagekräftig: 2019 wurden da noch zwischen 497.000 und 503.000 Messbesucher(innen) gezählt.

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