Aufrüttelnde Kirchendaten

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Wieder einmal Schlagzeilen über die katholische Kirche. Wieder einmal negative: Wie die kirchliche Statistik 1998 zeigt, liegt die Zahl der regelmäßigen Kirchgänger erstmals unter einer Million. Man kann die Daten - wie alle Statistiken - unterschiedlich bewerten; ein Indikator für kontinuierlich sinkende Kirchenbindung sind sie allemal.

Alarmierende Zahlen gibt es zuhauf: So nahm die Zahl der Priester zwischen 1950 und 1997 österreichweit um ein Drittel ab, daß wegen der Überalterung im Klerus diese Entwicklung explodieren wird, ist ebenfalls klar. Zeitungsberichte orteten bereits im Mai dieses Jahres für die Stadt Wien einen weiteren Dammbruch: Seit damals liege die Katholikenzahl in der Hauptstadt unter 50 Prozent.

Dramatischer wird es, wenn sich der Blick auf die Sakramentenpastoral richtet: 1997 wurden in Wien 2.455 Ehen zwischen Katholiken, die nicht vorher geschieden waren, geschlossen. Vor dem Standesamt. Kirchlich heiratete nur mehr die Hälfte davon. Kurz gesagt: "Ehe in Wien" spielt sich auch unter Katholiken weitgehend außerhalb kirchlicher Normen ab.

Ein Befund der statistischen Untersuchungen ist klar: Die katholische Kirche des Landes wird kleiner, ihre Relevanz fürs Leben und für die Orientierung der Menschen nimmt ab. Daß diese Entwicklung teilweise mit der gesellschaftlichen Großwetterlage zusammenhängt, teilweise aber hausgemacht ist, wird kaum jemand bestreiten. Die Rezepte und Konzepte der Kirche, in dieser Situation zu handeln und für die Menschen attraktive Lebens- und Sinnfindungsmodelle anzubieten, sind aber uneinheitlich - mitunter überhaupt wenig sichtbar.

Ein weiterer statistischer Indikator ist in diesem Zusammenhang aufschlußreich: Bei den Nationalratswahlen der letzten zehn Jahre war das Verhalten der Wähler mit starker Kirchenbindung nahezu konstant. Insbesondere der Erdrutsch zur FPÖ blieb bei den Kirchentreuen aus: gerade 13 Prozent wählten diesmal Haider & Co.

Es kann also keine Rede davon sein, daß "kirchliche" Wähler in Scharen zur FPÖ übergelaufen wären. Vielleicht ein Fingerzeig dafür, daß die katholische Kirche ihre gesellschaftspolitischen Positionen stärker zur Geltung bringen sollte: Eine in der Gesellschaft präsentere Kirche hätte jedenfalls auch eine größere Chance, dem durch die Statistiken dokumentierten Relevanzverlust gegenzusteuern.

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