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Gratis, aber kostspielig

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Vizekanzler Androsch ist davon überzeugt, daß die sich abzeichnende Beschleunigung des Inflationstempos vorrangig von der Kostenseite her bekämpft werden muß. Sowohl die überraschende Aufwertung des Schillings als auch sein energisches Eintreten für niedrige Kreditkosten sind Konsequenzen dieser Überzeugung. Nach seinem Widerstand gegen eine generelle Anhebung der Bankrate - als Zinssatz, den die Geschäftsbanken für Ausleihungen bei der Nationąlbank zahlen müssen, ein Indikator für das Kreditkostenniveau - regte Androsch letzte Woche einen neuen Weg zu billigen Krediten an: Die Kreditinstitute sollten, so Androsch, künftig die ihnen aus dem Zahlungsverkehr erwachsenden Kosten durch Gebühren statt wie bisher aus der Zinsspanne (der Differenz zwischen Kredit- und Einlagenzinsen) finanzieren. Sie kämen dann mit einer geringeren Zinsspanne aus und könnten bei gleicher Ertragslage die Kreditzinsen senken.

Unabhängig von der Frage nach dem Für und Wider einer Politik des billigen Geldes spricht einiges dafür, sich mit dem Vorschlag, für gewisse Bankdienstleistungen Gebühren. einzuheben,, auseinander zusetzen. Zunächst einmal die Größenordnung der Kosten. Androsch bezifferte die Kosten des Zahlungsverkehrs für die Geldinstitute mit, sechs Milliarden Schilling pro Jahr. Ein Wert, der durchaus realistisch erscheint. Vor fast genau vier Jahren schätzte Dozent Dr. Konrad Fuchs, Vorstandsdirektor der „Ersten” (österreichischen Spar-Casse), in einem Gespräch mit mir zum gleichen Thema diese Kosten auf vier Milliarden. Wortiit man damals, rein rechnerisch, entweder die Sparzinsen um zwei Prozent erhöhen oder aber die Kreditzinsen um ein Prozent hätte senken können.

Angesichts dieser Größenordnungen schmerzt es, daß ein Großteil dieser Kosten völlig unnötig anfällt. Mangels lenkender Gebühren gelingt es den Geldinstituten nur langsam, ihre Kunden von den teuren Zahlungsverkehrsinstrumenten Zahlschein und Erlagschein (Fuchs «rechnete schon damals Kosten pro Zahlschein-Einzahlung von 15 Schilling!) zu den billigen (Überweisung, Dauerauftrag, Einziehungsauftrag) zu lotsen.

In einem Land, in dem laut jüngsten Untersuchungen nur ein Drittel der Bevölkerung einen Scheck richtig ausstellen kann, darf man sich freilich nicht wundern, wenn die Mehrzahl zum vertrauten Erlagschein greift. Auch wenn die Überweisung nicht nur für die Banken billiger, sondern auch für den Bankkunden bequemer ist - sie läßt sich unabhängig von den Schalterstunden per Post erledigen.

In unseren Schulen gibt es auf diesem Gebiet der praktischen Lebenshilfe schwere Versäumnisse. Bis diese repariert sind, können eigentlich nur lenkende Gebühren die sinnlose Vergeudung von Milliarden stoppen.

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