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Im Schatten der GONGOs

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Zwischen Enttäuschung und Hoffnung - so präsentiert sich die Grundstimmung vieler Vertreter von Nicht-Regierungs-Organisationen nach der Wiener UN-Menschenrechtskonferenz. Die Begegnung und der Meinungsaustausch funktionierte „zu ebener Erde” besser als bei den Diplomaten „im ersten Stock”.

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Zwischen Enttäuschung und Hoffnung - so präsentiert sich die Grundstimmung vieler Vertreter von Nicht-Regierungs-Organisationen nach der Wiener UN-Menschenrechtskonferenz. Die Begegnung und der Meinungsaustausch funktionierte „zu ebener Erde” besser als bei den Diplomaten „im ersten Stock”.

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„Wenn ich Regierungsdelegierter wäre, hätte ich schon längst den Heim-flug angetreten, um mich am Yukon-Fluß beim Lachsfang rechtzeitig mit Winterproviant einzudecken. So aber freue ich mich bis zum letzten Tag über die Begegnungen mit anderen NGOs.” Randy Mayo, ein Athabasca Indianer aus Alaska merkt das trok-ken an und erzählt seelenruhig die Schöpfungslegende seines Volkes zu Ende.

Randy Mayo hatte sich geweigert, seine Kritik an der Regionalpolitik der US-Behörden an der Klagemauer des Plenarsaales der UN-Menschenrechtskonferenz im 1. Stock des Wiener Austria Center zu deponieren. Er hätte - wie andere auch - einen selbstzensurierten Redetext vorlegen müssen, der alle Hinweise auf ein konkretes Land beziehungsweise auf einen Fall vermeiden hätte müssen. Und er hätte seine Anklage - wie Jassir Arafat - mündlich ergänzen müssen.

Dennoch reihte sich, vor allem in den letzten Sitzungstagen, Rede an Rede vor fast leerem Auditorium, während hinter verschlossenen Türen am Schlußdokument gefeil(sch)t wurde. Die NGOs bewiesen den sie bewundernden Regierungsleuten, daß sie „NROs” sind - das heißt „Nicht Regierende und Nicht Resignierende” Organisationen.

Auch wenn einige ihrer Forderungen - vor allem dank der Lobbies von Frauen-, Kinder-, Minderheiten- und indigener Organisationen - festgeschrieben wurden, bleiben für die praktische Arbeit entscheidende Fragen offen, wie die NGO-Schlußerklärung und auch Volkmar Deile, Generalsekretär von amnesty international in Deutschland, bestätigte.

So ist weiterhin der ungehinderte Zugang zu Informationen staatlicher Behörden und auch in Medien, der Schutz von Menschenrechtsaktivisten durch alle Staaten - gerade auch der ungeklärt „Verschwundenen” - nicht gesichert. Amnesty-Mitarbeiter haben mit einer „Demonstration der Schatten” eindrucksvoll auf ihr Los hingewiesen. Dagegen haben manche schuldbewußte Regierungen ihnen genehme Leute - sogenannte „GON-GOs”(Governmental-Nongovern-mental Organisations = von Regierungen nominierte Nichtregierungsorganisationen) - zur Gegenpropaganda und zum Beschatten ihrer Kritiker ausgeschickt.

Fast ebenso wirksam ist sozialer Druck und nicht ausreichende organisatorische sowie finanzielle Unterstützung - auch in demokratischen Staaten. IbrahimaFall, Senegalese und Generalsekretär der Konferenz, verteidigt sein UN-Menschenrechtsbüro in Genf, das für alle Hilfesuchenden offen sei; was ein Aktivist aus Bahrain heftig bestritt. Allerdings beschränken die knappen Ressourcen, gespeist aus freiwilligen Beiträgen der UN-Mitgliedstaaten, seine Tätigkeit erheblich. Noch dazu muß er im Dreiecksverhältnis Regierungen, internationale Organisationen und NGOs balancieren. 37.000 Anfragen per Computer, wie sie APC und ihr Österreich-Partner „alpin” vorstellten, sind zwar technisch perfekter, geben aber auch, zur Zufriedenheit konfliktscheuer Diplomaten, keine Gelegenheit zum (demonstrativen) körperlichen Näherkommen und Zusammenrücken.

Beim nächsten Großereignis, der UN-Frauenkonferenz 1995 in Peking, werden diese noch andere Faktoren beschneiden.

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