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Kater Tango
Gestern traf ich Hans. Er wirkte etwas zerknittert. Saisonbedingt, murmelte er.
Obwohl nur Zwangstänzer, mußte er seiner Süßen bei einem Nobelball als Staffage dienen. Es fing harmlos und steif an. Er absolvierte seine Pflichtfußtritte bei allen Damen am Tisch und seine elefantischen Fähigkeiten schienen sich bald herumgesprochen zu haben, sodaß ihm keine mehr begehrliche Blicke zuwarf. Die Süße flog von einer Frackbrust an die nächste und schien seiner nicht mehr zu bedürfen.
Also begann er neugierig das Lusthaus zu durchwandern. Traf an dieser Bar einen Bekannten und nahm an jenem Tisch bei Freunden auf ein Gläschen Platz. Die meisten waren, gleich ihm, der Meinung, warum solle man tanzen, könne man sich doch auch normal fortbewegen. Irgendwann, erinnert sich Hans noch, sei einer auf die Idee gekommen, den „Club der brennenden Sohlen" zu gründen. Als Clublokal wählten sie die Kellerbar. Vermutlich dürfte es dort auch zur Gründung einer Nebensektion der „Brennenden Kehlen" gekommen sein.
Hans weiß nicht mehr besonders viel, nur, daß er bestimmt alleine irgendwie und wann nach Hause und zu Bette kam.
Und dahn nicht mehr allein erwachte. Sondern mit einem Kater. Er nannte ihn Tango, verwöhnte ihn mit Rollmöpsen, einem gepflegten Bierchen und viel frischer Luft. Tango zeigte sich dankbar dafür und anschmiegsam. Er lehrte seinen Herrn den Sitz jeder einzelnen Haarwurzel, aktivierte dessen Schluckreflex zu vermehrtem Einsatz, ja, nistete sich eine Zeitlang sogar in Hansens Magen ein und brachte dessen Inhalt durcheinander und nach oben. Tango blieb zwei volle Tage, dann verschwand er wieder, ohne Aufsehen, wie er gekommen war.
Hans überlegt jetzt drei Möglichkeiten für den nächsten Fasching: entweder sich überhaupt nicht mehr als schmückendes Beiwerk mißbrauchen zu lassen, einen Tanzkurs zu besuchen oder nur mehr Trockenes zu trinken.
Da brauchten die Katerhaare am Morgen danach nur mehr ausgeschüttelt zu werden.
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