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Regionalismus und Nationalitätenrecht

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Am 29. und am 30. Oktober wurde in Regensburg das Internationale Institut für Nationalitätenrecht und Regionalismus gegründet, dessen Trägerverein unter Leitung des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit, Josef Stingl, steht, aber entscheidend von der Bayerischen Staatskanzlei, Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, getragen (und auch finanziert) wird. Daß Volksgruppenrecht und Nationalitätenfragen auch mit Fragen des Regionalismus, mindestens in Europa, eng Zusammenhängen, hat sich in letzter Zeit immer mehr erwiesen, besonders durch die Regionalisierung in Italien, aber auch in Dänemark und Kanada. Wo Föderalismus und Regionalismus an Boden gewinnen, wird auch eine gerechtere Ordnung zwischen Völkern, Volksgruppen und Sprachmin-

derheiten herbeigeführt, während der Zentralismus überall die Rechte der Volksgruppen schmälert.

Das neue Institut ist in seiner Art das einzige und erste, denn bereits bestehende Institute, wie jene in Laibach, in Posen, in Le Havre, sind eher örtlich von Bedeutung, nicht aber international angelegt. Das neue Institut, das seinen Sitz in München hat, vermochte führende Fachleute sowohl für Nationalitätenrecht wie auch für europäischen Regionalismus in Regensburg zusammenzuführen, dies in sehr großer Zahl (rund 70 Persönlichkeiten) aus der Bundesrepublik Deutschland, aus Österreich, aus Italien (sowohl Südtiroler wie auch den maßgebenden Minderheitenfachmann Prof. A. Pizzorus- so), aus Frankreich (Prof. G. Hėraud,

den heute vielleicht überhaupt führenden Föderalismus-Theoretiker in Europa), Belgien (Gaston Eyskens, ehemals Ministerpräsident), Dr. Otto Habsburg, aus Großbritannien (Mino- rity Rights Group, eine überragend aktive Forschungsgesellschaft unter Leitung von Ben Whitaker MP). Das Innsbrucker Föderalismus-Institut war vertreten und legte zugleich seine neueste Publikation, „Föderalismus“, herausgegeben gemeinsam mit der österreichischen CIFE-Sektion von Guy Hėraud, Peter Pemthaler und Fried Esterbauer, vor. In eigenen Referaten wurde auch auf die Pläne der ARGE Alpenländer hingewiesen, die ihren Sitz in Innsbruck hat, aber in Bayern und Vorarlberg sowie in Südtirol eine starke Position aufweist.

Ein erstes Buch als Veröffentlichung des neuen Instituts über ,J4ationalitä- tenkonflikt und Volksgruppenrecht im 20. Jahrhundert“ (vom Verfasser dieses Berichtes) wurde den Teilnehmern in die Hand gegeben. Ein weiteres Buch, verfaßt von Prof. Ermacora, wird in Kürze folgen, und dann sollen Monographien zu einzelnen Themen anschließen, etwa über Zypern, Südwestafrika und den Vorderen Orient. Abhandlungen über den Regionalismus in Europa als ein Mittel der Friedenssicherung sollen nächstes Jahr in einer Studientagung erarbeitet werden. Dabei wird besonders auch der Regionalismus im Bodenseeraum zur Sprache kommen.

Auf der Regensburger Tagung wurde eine Reihe grundlegender Referate von führenden Fachleuten über ein innerstaatliches Volksgruppenrecht, über den völkerrechtlichen Standard eines Minderheitenschutzes, über die bisherigen Arbeiten der ARGE- ALP und über den Föderalismus als wirkungsvolles Ordnungsprinzip gehalten. Sie werden, zusammen mit Re feraten über Volksgruppenfragen, die auf einer Studientagung der Hanns- Seidel-Stiftung in Wildbad Kreuth gehalten wurden, in Kürze veröffentlicht werden.

Der Tagung lag eine Mitteilung des steirischen Landeshauptmannes vor, daß sich eine ARGE-Ostalpen bilde, bestehend aus der Steiermark, Kärnten, Kroatien, Slowenien, Friaul-Julisch Venetien, allenfalls unter Einbeziehung von Niederösterreich und Oberösterreich. Der Plan wurde begrüßt, doch erklärte der bayrische Regierung svertreter, Bayern, das ebenfalls um Beitritt angegangen wurde, bleibe ausschließlich bei der ARGE-ALP und werde keiner ARGE-Ostalpen bei treten.

Das aus führenden Wissenschaftlern bestehende 40gliedrige Kuratorium des neuen Instituts steht unter dem in Regensburg gewählten Präsidenten Prof. Felix Ermacora, Wien, mit je einem Stellvertreter aus Südtirol (Senator Mitterdorfer) und Belgien.

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