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Für Menschenwürde und Volksgruppenrechte
Rechtverstandene Wissenschaft hat immer das Ziel, dem Menschen zu dienen. Ob sie das im Ergebnis auch tatsächlich jeweils tut, ist eine andere Frage. Es ist bekannt, daß etwa moderne Naturwissenschaftler sich auch für ihr Aufgabengebiet mit dem quälenden Gewissenskonflikt auseinanderzusetzen haben, ob der Mensch alles darf, was er kann.
Professor Theodor Veiter, der am 22. September 1982 sein 75. Lebensjahr vollendete, gehört zu jenen Wissenschaftlern, deren Lebenswerk dem unmittelbaren Dienst am Menschen gewidmet ist. Zu seinem 60. Geburtstag wurde ihm eine Festschrift überreicht: „Menschenwürde, Recht und Gemeinschaft.” Die neue Festgabe aus dem Universitätsverlag Wilhelm Braumüller, Wien, trägt den Titel „Menschenrechte, Volksgruppen, Regionalismus”. Damit ist zwar nicht die ganze Breite seines Wirkens als Universitätslehrer, in Gelehrten-Vereinigungen und internationalen Organisationen, als juristischer Gutachter und Publizist erfaßt, aber die eigentlichen Ziele seines Lebens sind damit deutlich markiert.
Seine Herkunft mag hier zumindest mitbestimmend gewesen sein. Theodor Veiter ist in München geboren. Sein Vater kommt aus Osttirol, seine Mutter aus Bayern. Aufgewachsen ist er in Kärnten und Vorarlberg. 1926 legte er am Jesuiten-Gymnasium „Stella Matutina” in Feldkirch die Reifeprüfung mit Auszeichnung ab. Er studierte Rechtswissenschaften in München und Wien und war aktiv in der katholischen und deutschen Studentenschaft Österreichs tätig. Als Assistent bei Professor Hugelmann ist er
Mitherausgeber des Standardwerkes „Das Nationalitätenrecht des alten Osterreich” (1934).
Auf dieser Bahn schreitet er in seinen weiteren wissenschaftlichen Arbeiten voran. Es geht ihm um den Menschen, seine Kultur, sein Recht. Das Spannungsfeld zwischen Einzelwesen und Gemeinschaft, das hauptsächlich seit dem 19. Jahrhundert entstandene Spannungsfeld , zwischen Volksgruppenrechten und nationalstaatlichen Prinzipien ist sein großes Anliegen, weil Einseitigkeiten zu Gunsten einer überzogenen Nationalstaatlichkeit die Wurzel vieler Konflikte, ja der Ansatz für regionale und sogar weltweite Friedensbedrohung sind.
So ist es kein Zufall, daß Professor Veiter zu den Mitbegründern des internationalen Instituts für Nationalitätenrecht und Regionalismus gehört. Ihm verdanken wir nicht nur wertvolle Anstöße für die Arbeit dieses Instituts. Zusammen mit Professor Felix Ermacora hat er den Entwurf einer internationalen Konvention für Volksgruppenrecht und Minderheitenschutz ausgearbeitet, der durch britische Hilfe der UNO vorgelegt wurde und zur Zeit Arbeitspapier der Menschenrechtskommission ist.
Ihm verdanken wir die Ausarbeitung eines europäischen Regionalprotokolls und einer Regionalismuskonvention, die in die europäischen Gremien in Brüssel und Straßburg eingebracht werden wird. Mit seiner Hilfe wurden regionalistische Leitsätze als Instrument einer Zusammenarbeit aller in Europa am Regionalismus interessierten Institutionen und Gruppen erarbeitet und veröffentlicht.
Das sind nur kleine Streiflichter aus einem schaffensreichen Leben, das längst vor einer Verkündung der Menschenrechte durch die Vereinten Nationen, längst vor der KSZE-Konferenz von Helsinki die Grundlagen für staatliche Ordnungen erforschte, die ein friedliches Zusammenleben der Menschen ermöglichen.
Wenn den Jubilar zur Vollendung seines 75. Lebensjahres aus aller Welt Glückwünsche erreichen, die die Hoffnung ausdrük-ken, dem noch immer Rüstigen und unermüdlich Schaffenden mögen noch viele Jahre in geistiger und körperlicher Frische beschieden sein, dann sind dies zugleich Wünsche in unser aller Interesse; denn in einer Zeit wieder zunehmender weltpolitischer Spannungen haben wir Persönlichkeiten dringend nötig, die nicht nur Forderungen zu menschenwürdigem Zusammenleben erheben, sondern auch wissenschaftlich fundiert gangbare Wege weisen.
Dr. h. c. Josef Stingl ist Vorsitzender des INTEREG und Präsident der Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg. Dieser Beitrag ist die Kurzfassung einer Laudatio für Prof. Veiter, die er dieser Tage im Schloß Hofen bei Bre-genz hält. ,.-
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