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Unternehmen sind Schule der Nation

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Die Bildung und der Wissensstand der amerikanischen Schul- abgänger sind so erschreckend niedrig, daß amerikanische Unternehmen Hunderte Millionen Dollar aufwenden müssen, um ihren Anf angs-Be-schäftigten zumindest die elementarsten Volksschulweisheiten beibringen zu können. Das wird seit wenigstens einem Jahrzehnt beobachtet, aber erst jetzt werden emsthafte Maßnahmen zur Bekämpfung dieses Phänomens erörtert.

Nur 45 Prozent von befragten 17jährigen in New York konnten Paris als Hauptstadt Frankreichs identifizieren. 75 Prozent von texanischen Oberschülern wußten nicht, daß es seit Jahrzehnten eine Europäische Wirtschaftsgemeinschaft gibt, die sich inzwischen zu einer mächtigen politischen Organisation gemausert hat.

An Washingtoner Oberschulen konnten nur 25 Prozent befragter Schüler auf Anhieb Persien auf einem Globus finden, nur 30 Prozent entdeckten Mexiko - immerhin eines der direkten US-Nachbarländer. Das kleine Einmaleins beherrschten in Kalifornien nur 15 Prozent befragter 16jähriger fließend, und selbst einfache, immer wiederkehrende Worte wurden von 40 Prozent der Schüler einer zehnten Klasse in Boston mit Fehlem niedergeschrieben.

„Und diese Situation haben wir angesichts des Vordringens der Japaner und der Europäer auf allen Weltmärkten“, kritisiert Colby Chandler von Kodak: Beim führenden amerikanischen Film- und Fotoproduzenten in Rochester an der kanadischen Grenze werden 2.500 Beschäftigte inDauerkursen mit den einfachsten Rechtschreibregeln vertraut gemacht.

Die gleiche Anzahl von Kodak-Beschäftigten besucht Kurse, in denen Lesen unterrichtet wird. Motorola, immer mehr auf Elektronik eingestellt, wendet jährlich 50 Millionen Dollar nur zu dem Zweck auf, 12.500 seiner Stundenlöhner - das sind rund 50 Prozent der Motorola-Arbeiter -mit Rechnen und Englisch vertraut zu machen, wie es üblicherweise in der siebten Klasse unterrichtet wird.

Präsident George Bush hat das Problem im Gegensatz zu seinem Vorgänger erkannt. Er hat deshalb alle Etats, die der Verbesserung von Erziehimg und Ausbildung dienen, erhöht. Aber bevor diese Maßnahmen einen Effekt zeigen, „vergehen acht bis zehn Jahre“, sagt ein Pädagoge in Washington. Deshalb müssen US-Unternehmen weiterhin „Volksschule der Nation“ spielen - sie geben dafür, so wurde jetzt bekannt, die unglaubliche Summe von 25 Milliarden Dollar pro Jahr aus. „Um ihren Angestellten und Arbeitern das beizubringen“, verdeutlicht John Hillkirk von „USA TODAY“ in einem Kommentar, „was die in der Schule hätten lernen sollen.“

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