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Vor Rückkehr in die Wagenburg ?

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Die Gangart der Regierung in Pretoria wird weder durch die Unrast in vielen schwarzen Townships noch durch die radikalen Parolen militanter Schwarzen-organisationen im In- und Ausland bestimmt, und wenig Eindruck hinterlassen auch der Proteststurm und die Kritik westlicher Handelspartner sowie die Frontbildung einheimischer weißer Regierungsgegner.

In Transvaal glauben die Vertreter der „Nationalen Partei“ deswegen hart auf den Tisch hauen zu müssen, weil hier die Konservative Partei des abtrünnigen NP-Politikers Andries Treur-nicht über ihren stärksten Rückhalt verfügt.

Hier findet sich auch das Potential der noch wesentlich rabiateren „Herstigte Nasionale Party“ (HNP) von Jaap Marais. Gegen die Regierungspolitik wettern unter Transvaals Platteland-Bewohnern und der weißen Unterschicht in kleineren und mittleren Industriestädten des Witwater-randes mit wachsendem Erfolg auch Organisationen wie die „Afrikaaner Volkswag“ oder die „Afrikaaner Weerstandsbewe-ging“.

Die „Volkswag“ bezeichnet sich selbst bescheiden als „Kulturorganisation“; ihr Gründer und Vorsitzender ist Carel Boshoff, ein Theologieprofessor der Universität von Pretoria, früherer Präsident der mächtigen burischen Geheimgesellschaft „Afrikaaner Broederbond“ und Schwiegersohn des einstigen Ministerpräsidenten und Apartheid-Architekten H. F. Verwoerd.

Die „Weerstandsbeweging“ wird von einem Mann namens Eugene TerreBlanche befehligt, und sie ist schlecht mit einer politischen Partei oder einer kulturellen Organisation zu vergleichen, sondern am ehesten noch mit Kampfverbänden aus Hitlers nationalsozialistischem Deutschland.

Diese zu keinerlei Kompromissen bereiten Apartheid-Anhänger alter Schule feuern bei ihren Angriffen auf die Rcnerung nur mit gröbstem Geschütz. Sie beschimpfen die Politiker von der Nationalen Partei als Abweichler und bezeichnen sich selbst als die Rechtdenkenden, indem sie sich auf das Erbe Verwoerds berufen, der Ende der fünfziger Jahre einmal feststellte, Hauptaufgabe der Nationalen Partei sei es, dafür zu sorgen, daß Südafrika für alle Zeiten von den Weißen regiert werde.

Die Stärke all dieser Rechtsaußen liegt darin, daß sie geschickt Werte ansprechen, die bei den Buren ganz besonders hochgehalten werden, so die Gruppenidentität und ein geradezu heiliger Respekt für Vergangenheit und Geschichte. Ferner verstehen sie auch immer wieder Grundängste dieser weißen Bewohner der Südspitze Afrikas ins Spiel zu bringen, nämlich die, was ihre Zukunft inmitten eines bedrohlichen, sie umgebenden „schwarzen Meeres“ betrifft. Und darin hegt auch ihre Gefährlichkeit.

Wieder gibt es in Südafrika sogenannte arme Weiße, und zwar in Mengen, die aufhorchen lassen. Besonders betroffen sind dabei die Gegend des Witwatersrand sowie der Hafenstadt Port Elizabeth, wo die Automobilindustrie konzentriert ist. Wenn im Zuge humanitärer Hilfsaktionen Kleider- und Eßpakete an Bedürftige abgegeben werden, zählen zu den Empfängern neben Schwarzen seit einiger Zeit auch Weiße.

Auch an weißen Schulen wird nun unentgeltlich Essen ausgeteilt, weil man festgestellt hat, daß viele Schüler hungrig zum Unterricht erschienen. Seit Armut in die Reihen der weißen Südafrikaner zurückgekehrt ist, bietet sich den rechten Politikern die bequeme Möglichkeit, in diesem Milieu auf Kosten der „Nationalen Partei“ ihren Anhang zu vergrößern, indem sie diesen Weißen ins Ohr flüstern, ihre materielle Not sei eine direkte Folge von Präsident Bothas Reformpolitik.

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