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ALEXANDER DUBCEK DER GROSSE UNBEKANNTE
Alles spricht von ihm, aber nur wenige wissen etwas über ihn. Uber den neuen starken Mann der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik, Alexander Dubcek. Wer ist dieser scheinbar allmächtige Generalsekretär, der den Staatspräsidenten Novotny aus dem Sattel heben konnte,
was durch Jahre hindurch nie- niemandem gelang? Alexander Dubcek ist ein Slowake und wurde 1921 als Sohn eines Schreibers geboren. 1925 wan- derte sein Vater, ein begeisterter Kommunist, mitsamt seiner Familie nach Rußland aus. In Frunse und Gorki, wo sein Vater tätig war, besuchte er die russische Schule und wurde dann Aspirant für höhere Parteiämter in einem entsprechenden Institut in Moskau. 1938 kehrte die Familie Dubcek wieder in die Slowakei zurück. Moskau begann damals den in der Sowjetunion lebenden ausländischen Genossen zu mißtrauen und forderte sie auf, in ihre Heimat zurückzukehren.
Dubcek bildete sich als Mechaniker aus und trat, noch nicht achtzehnjährig, in die kommunistische Partei ein, die damals in seiner Heimat offiziell verboten war. Während des Krieges schlossen sich er und sein Bruder der Widerstandsbewegung an und nahmen im August 1944 am slowakischen Aufstand teil. Sein Bruder fiel sogar damals im Kampf, und Alexander Dubcek wurde zweimal verwundet. Nach dem Krieg und nach der kommu nistischen Machtübernahme im Februar 1948 bekleidete er mehrere Parteiämter, bis er 1956 nach Moskau ging, wo er drei Jahre lang die Kaderschule der Partei absolvierte. Nach seiner Rückkehr in die Slowakei stieg er schnell zum Generalsekretär der slowakischen Partei auf, bis er Anfang Jänner dieses Jahres Novotny als Generalsekretär der kommunistischen Partei ablöste.
Das ist alles, was man über ihn weiß, und es ist wenig genug. Niemand weiß etwas über seine politischen Absichten. Nur eines ist zu erkennen: Auch er besitzt die große Fähigkeit seiner Nation, sich Zeit zu lassen und warten zu können. Dubcek ist glatt und undurchsichtig und deshalb noch eine unbekannte Größe. Daß er ein Gegner des Kommunismus sei und eine Liberalisierung der Tschechoslowakei durchführen werde, ist dagegen wohl ganz ausgeschlossen. Die wenigen Aussagen, die er gemacht hat, bezeugen im Gegenteil, daß er ein überaus getreuer und gutgeschulter Parteigänger Moskaus ist, so daß er nicht umsonst den Ehrentitel eines Vorzugsschülers Moskaus genießt.
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