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ROBERTO F. CHIARI / VIEL WASSER UM DEN KANAL

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„Wir Staatsangehörigen Panamas und der Vereinigten Staaten haben ein Abkommen getroffen, daß Panamas Fahne im Gebiet der Kanalzone neben jener der Vereinigten Staaten weht und zwar in allen Teilen der Kanalzone, wo die Fahne der Vereinigten Staaten von den Zivilbehörden ausgestellt wird; außerdem haben wir beschlossen, daß eine jede Privatperson frei ist, Panamas Fahne in der Kanalzone, in ihren Wohnsitzen beziehungsweise Anlagen auszustellen.“ Dieser in etwas krauses Deutsch übertragene Auszug aus einer Rede des Präsidenten der Republik Panama ließ schon vor mehr als einem Jahr die dramatische Entwicklung ahnen, die die schwelende Auseinandersetzung zwischen den USA und Panama in den letzten Tagen genommen hat, heißt es doch in einer propagandistischen Broschüre, daß „von den 103 Millionen Dollar Kanalgebühren die von den Vereinigten Staaten eingebracht werden, nur zwei Millionen Dollar“ der panamesi-schen Regierung überwiesen werden.

Die Unruhen in der Kanalzone stellen Präsident Johnson zum erstenmal vor eine akut kritische außenpolitische Aufgabe, weisen doch die Probleme, denen sich die USA gegenübersehen, eine gewisse Ähnlichkeit mit den Sorgen der einstigen europäischen Kolonialmächte auf: Die Kanalzone wurde von Panama — das 1903 durch eine Gebietsabtretung von Kolumbien geschaffen worden war — „auf ewig“ den Vereinigten Staaten abgetreten.

Die Wellen des Patriotismus schlagen in Panama hoch — der Zusammenhang mit den im Mai stattfindenden Wahlen ist nicht zu übersehen. Die Amtszeit des Präsidenten Roberto F. Chiari läuft ab, und der unruhige südliche Teil des amerikanischen Kontinents verliert damit ein Staatsoberhaupt, dessen Ruhe und Sicherheit bisher eine gewisse Garantie gegen all-zustarke castrofreundliche Tendenzen geboten hat. Eine Wiederwahl des amtierenden Präsidenten ist in der Staatsverfassung nicht vorgesehen.

Don Roberto Francisco Chiari wurde am 2. März 1905 in der Stadt Panama als Sohn angesehener Eltern geboren. Unberührt von den Schrecken des großen Krieges und dem Elend der Nachkriegszeit, das im fernen Europa herrschte, erhielt Don Roberto die charakteristische Erziehung des jungen Mannes aus gutem Haus, studierte am „Colegio La Salle“ in Panama und erhielt den akademischen Grad eines „Bachilleren Ciencias y Letras“ — eines Baccalaureus scientiarum et litterarum.

Die großen gesellschaftlichen Umwälzungen der Jahre nach dem ersten großen Krieg griffen auch auf Südamerika über: Revolution, Bürgerkrieg, politischer Mord — dies alles beherrschte das Tagesgeschehen auf diesem unruhigen Kontinent. Auch die Republik Panama — kaum 75.000 Quadratkilometer groß, mit knapp einer Million Einwohnern — blieb davon nicht verschont.

Chiari — zunächst in Handel und Industrie tätig — wandte sich bald der Politik zu. Sein Aufstieg zum Präsidenten der Republik verlief in durchaus bürgerlich-demokratischen Bahnen: Sekretär des Präsidenten, Parlamentsabgeordneter der liberal-nationalen Partei, Minister, Mitglied des Wirtschaftsrates, Vizepräsident, schließlich Präsidentschaftskandidat, dann Präsident des Landes — eine politische Karriere, die kaum etwas „südamerikanisches“ an sich hat.

Noch ist nicht abzusehen, ob Chiaris Präsidentschaft in „Feuer und Rauch“ zu Ende gehen wird. Panama, das mit der amerikanischen Unterstützung einen verhältnismäßig hohen Lebensstandard halten konnte, wäre dann wohl eine leichte Beute für die Untergrundorganisationen Castros. Die US-Armee steht noch Gewehr bei Fuß, auch Präsident Chiari scheint die Zügel noch fest in der Hand zu halten.

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